Als Sky gestern Abend um acht auf
Sendung ging, stand die Golfwelt in Amerika schon still. Nicht, wegen der
Gewitter, die die Finalrunde des Bridgestone Invitational zwei Mal unterbrochen
hatten. Auch nicht, weil es die PGA Tour endlich geschafft hatte, zuzugeben,
dass Dustin Johnson eben doch wegen Kokain-Mißbrauchs gesperrt worden war.
Nein, es war etwas anderes. Schlimmer als ein mächtiges Gewitter oder ein
Tourstar mit einem veritablen Drogenproblem: der Tiger hatte Rücken! Am 9. Loch
schlug Eldrick Tont Woods ab und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den
Rücken. Er konnte sich kaum bücken, um sein Tee aufzuheben. Mit einem Cart
wurde er zum Parkplatz gefahren, wo er, offensichtlich unter starken Schmerzen,
in einem weißen Geländewagen verschwand. Und mit ihm verschwand die Hoffnung
Amerikas auf einen schönen Golfsommer. Denn wer Woods sah, kann sich nicht
vorstellen, wie dieser Mann ab Donnerstag bei der PGA Championship, dem letzten
Major des Jahres, abschlagen soll. Und wenn er dort nicht an den Start geht
(und gewinnt) finden die Play-Offs um den FedEx-Cup ohne Tiger statt. Denn auf
Grund seiner langen Verletzungspause liegt er im FedEx-Cup derzeit nur auf Rang
217. Und wenn er in den nächsten Wochen nicht den Nachweis erbringen kann, dass
er halbwegs in Form ist, wird ihn US-Captain Tom Watson auch nicht per Captains
Pick ins amerikanische Ryder-Cup-Team hieven.
Keine PGA Championship. Keine
Play-Offs. Kein Ryder Cup. Also, nicht das wir uns falsch verstehen, die
Veranstaltungen finden schon statt. Zumindest offiziell. Aber für die
US-TV-Stationen bedeuten Turniere ohne Tiger immer, dass sie die Kohle, die sie
für die Übertragungsrechte ausgegeben haben, auch hätten zum Fenster
rausschmeissen können. Denn ohne Tiger stimmt die Quote nicht. So brachen die
Einschaltquoten beim Masters und der US Open im Frühjahr ob des Fehlens des
großen Meisters jeweils fast astronomisch ein. No Tiger - No Money! Die
US-Networks tragen Trauer an diesem Montag. Und rechnen fieberhaft, wie die
Verluste, die ob der fehlenden Werbeeinnahmen entstehen, halbwegs aufgefangen
werden können.
Vielleicht ja mit Rory McIlroy.
Denn der junge Nordire hat sich im Sommer 2014 auf den Weg gemacht. Heraus aus
dem Tal des Jahres 2013 dorthin zurück wo er 2012 schon einmal war. Und noch
ein Stück höher hinaus. Titel bei der Open Championship. Eine Woche Pause.
Titel beim Bridgestone Invitationl. Er führt haushoch im Race to Dubai, ist nun
schon Dritter im FedExCup und trohnt seit gestern Abend auch wieder an der
Spitze der Weltrangliste. Rory ist die neue, alte Nr. 1. Und wenn er so weiter
spielt, könnte, nein dann wird sein Aufenthalt diesmal länger dauern als
2012/13. Leidtragender der aktuellen Rory-Show ist Sergio Garcia. Der Spanier
ging gestern Abend, auch dank seiner famosen 61 vom Freitag, mit drei Schlägen
Vorsprung auf Rory in die Schlussrunde. Doch während Garcia ein Par ans andere
reihte, hatte der Nordire nach vier Löchern schon drei Birdies notiert. Und zog
das bis zum Schluss gnadenlos durch. Schon bei der Open Championship in Hoylake
vor 14 Tagen war Garcia hinter dem überragenden McIlroy Zweiter geworden. Für
Garcia, der wie alle drei Zipfelmützen-Golfer aus dem goldenen Jahrgang 1980
stammt, wird das Warten auf einen großen Titel mehr und mehr zur Qual. Er hat
mittlerweile zehn Top-5-Platzierungen bei den vier Major-Turnieren, darunter
vier zweite Plätze sowie acht Top-5-Platzierungen bei den vier jährlichen
Turnieren der World-Golf-Championship-Serie.
Vielleicht schlägt Garcias große
Stunde ja in dieser Woche bei der PGA Championship im Valhalla Golf Club in
Louisville. Denn betrachtet man sich die Formkurven der Spieler, zählen Garcia
und McIlroy in Kentucky zu den großen Favoriten. Auch den Engländer Justin Rose
(Sieger Quicken Loans National und Scottish Open im Juni/Juli) muss man auf der
Rechnung haben. Ebenfalls nennen möchte ich Rickie Fowler. Der Mann mit der
auffälligen Kopfbedeckung ist einer der wenigen US-Amerikaner, die in diesem
Jahr groß aufspielen. Er ist der einzige Spieler, der alle drei bisherigen
Major-Turniere 2014 unter den Top 5 beendete (Masters T5, US Open T2, The Open
T2). Und dann wäre da ja noch ein gewisser Martin Kaymer, der mittlerweile nach
dem Motto „Hop oder Top“ absolviert. Entweder er läßt es richtig krachen (Siege
bei der Players Championship und sein zweiter Major-Titel bei der US Open) oder
er agiert irgendwo im Nirdgendwo. Seit seinem Players-Sieg im Mai war Kaymers
beste Platzierung auf der PGA Tour ein 29. Platz bei der Byron Nelson
Championship. Dazu notierte er einen 70. (The Open) und einen geteilten 56. (am
Wochenende bei der Bridgestone) Platz. Auch in Europa riß Martin Kaymer Bäume
aus, dem verpassten Cut in Köln steht der zwölfte Platz in Frankreich
gegenüber. Aber, Stichwort Hop oder Top: positiver Ausreißer dazwischen war dann
eben der phänomenale US Open-Sieg. Was wir von Martin in Valhalla erwarten
dürfen, ist daher schwer einzuschätzen. Wichtiger Indikator könnte aber der
erste Tage sein. Während er bei seinen Sieg bei der Players und der US Open das
Feld in der Auftaktrunde jeweils in Grund und Boden spielte, verzockte er bspw.
bei der Open Championship und dem Bridgestone Invitational gleich am ersten Tag
das Turnier. Insbesondere die 77 am Donnerstag in Akron tat weh, spielte er
doch dort an der Seite von Tiger Woods und ließ die ganze Welt an seinem wirklichem
schlechtem Golf teil haben. Am Wochenende fing er sich zwar halbwegs, aber mehr
als Rang 56. sprang nicht heraus.
Nun reisen also neben Kaymer 47
weitere Spieler der Top 50 in den legendären Valhalla Golf Club. Nur Dustin
Johnson (ob gesperrt oder freiweillig eine Auszeit nehmend sei mal dahin
gestellt) und Tiger Woods fehlen. Deutsche Spieler sind neben Kaymer nicht am
Start, da man sich für die PGA Championship nicht über Qualifkationsturniere
ins Feld spielen kann. Neben den Top 70 einer eigens für die PGA Championship
geführten Geldrangliste, allen früheren PGA Champions sowie allen Major-Siegern
der letzten fünf Jahre laden die Organisatoren alle Spieler aus den Top 100 der
Weltrangliste ein. Davon profitieren insbesondere die internationalen Spieler,
die nicht Mitglied der PGA Tour sind und somit nicht in der o. g. Geldrangliste
geführt werden. Vervollständigt wird das Feld von den zwanzig besten Spielern der PGA National
Championship, einfach ausgedrückt die zwanzig besten Golflehrer der USA.
Der Valhalla Golf Club ist
mittlerweile zum dritten Mal nach 1996 und 2000 Gastgeber der PGA Championship.
Außerdem fand 2004 und 2011 jeweils die Senior PGA Championship statt. Bei
allen vier Majors triumphierten Amerikaner. Zudem feierte das US-Ryder-Cup-Team
hier 2008 seinen einzigen Sieg bei den letzten sechs Veranstaltungen bzw. in
den letzten 15 Jahren. Der Par 72-Kurs ist also ein vermeintlich gutes Pflaster
für US-Golfer, angesichts der aktuellen Kräfteverhältnisse im Weltgolf erwarte
ich aber eher einen nicht-amerikanischen, viel mehr einen europäischen Sieger.
Aktuell lohnt der Blick mit der
schwarz-rot-goldenen Brille aber auch abseits der beiden großen Touren. Bernhard
Langer, schon seit Jahren Mr. Champions Tour himself, scheint von Jahr zu Jahr
nicht nur älter, sondern immer besser zu werden. Bernhard holte sich mit der
Senior Players Championship und der Senior Open Championship gleich zwei
Major-Titel. Insbesondere sein Sieg bei der Open in Wales ging in die
Geschichtsbücher ein, als er das Weltklassefeld mit 13 Schlägen Vorsprung fast
der Lächerlichkeit preisgab. Und wer dachte ein 56-Jähriger braucht nach so
einem formidablen Erfolg mal ein Päuschen, wurde von Langer vergangenes
Wochenende sofort eines besseren belehrt. Bei der 3M Championship legte Langer
gleich mal einen zweiten Platz nach. Im Charles Schwab Cup kann ihm nur der
ebenfalls bockstarke Schotte Colin Montgomerie halbwegs folgen, auf den
Ranglisten-Dritten Kenny Perry hat er fast 2000 Punkte Vorsprung. Und noch ein
Deutscher sorgt für viel Freude in diesem Jahr: Moritz Lampert, der mit seinen
22 Jahren der Sohn von Langer sein könnte. Lampert gewann innerhalb weniger
Wochen in Österreich, Spanien und Aserbaidschan drei Turniere auf der Challenge
Tour, wodurch er nun sofort auf die European Tour aufsteigen darf. 2013 konnte
er seine Tour-Karte nicht halten, schaffte nur vier Cuts, der Schritt zurück
auf die Challenge Tour scheint im gut getan zu haben. Lampert kann nun die
(nicht so stark besetzten) Spätsommer-Turniere der European Tour, z. B. in
Dänemark, Tschechien, Italien oder Wales nutzen, um sich, völlig ohne Druck,
das notwendige Selbstvertrauen für die kommende Saison 2015 zu holen, wo er
seine Tourkarte dann verteidigen muss.