Nach vielen Monaten des Schweigens motiviert mich der erste
feststehende Termin des Platzreifekurses mal wieder ein paar Worte über das
aktuelle Golfgeschehen zu schreiben.
Die PGA Tour befindet sich momentan auf dem Florida-Swing. Sonntag
Abend sicherte sich der Australier John Senden bei der Valspar Championship in
Tampa Bay im zarten Alter von 42 seinen zweiten Tour-Titel. In einer reichlich
merkwürdigen Finalrunde zeigte lange kein Spieler, dass er gesteigertes
Interesse hat, das Turnier zu gewinnen. Die vor dem Schlusstag führenden
Amerikaner Robert Garrigus und Kevin Na produzierten zunächst Bogeys in Serie,
die beide schnell zurückfielen ließen. Immerhin konnte sich Slow-Player Na, der
am Samstag so langsam spielte, dass er kurz vor einer auf der PGA-Tour
unüblichen Bestrafung stand (die letzte hatte es 1995 (!) gegeben), zum Schluss
wieder etwas fangen. Er hatte auf der 18 mit einem langen Putt zum Birdie sogar
noch die Möglichkeit Senden in ein Stechen zu zwingen, verzog aber deutlich.
Senden, der am Sonntag ebenfalls mit Problemen zu kämpfen hatte, drehte
ausgerechnet in der sog. Snake Pit, den letzten drei Löchern, auf dem
Copperhead Course auf. Das Finish ist statistisch nach dem Quai Hollow Club in
Charlotte (wo im Mai immer die Wells Fargo Championship ausgetragen wird) das
schwierigste auf der PGA Tour, doch ausgerechnet hier gelangen Senden mit einem
eingelochten Chip aus dem Vorgrün auf der 16 und einem Mega-Putt auf der 17 die
entscheidenden zwei Birdies. Senden freut sich nun neben einem Eine-Million-Dollar-Scheck
und 500 FedEx-Cup-Punkten hauptsächlich über ein Ticket zum Masters in Augusta.
Deutsche Spieler waren nicht am Start. Im FedExCup verteidigte Jimmy Walker in
Abwesenheit seine Führung, aber das war auch schon vor dem Turnier klar. Denn
Walker spielt die Saison seines Lebens. Deshalb möchte ich einen letzte Woche
begonnenen, aber nicht zu Ende geschriebenen Artikel über ihn, hier einfügen.
Man stelle sich vor, der 1. FC Nürnberg wird deutscher
Fußballmeister. Oder Mainz 05 qualifiziert sich für die Champions League. So
oder so ähnlich ist das mit Jimmy Walker und seiner Saison. Jimmy Walker ist
das Nürnberg der PGA Tour. Ähnlich wie die Franken oder Rheinhessen in der
Bundesliga, war Walker seit 2001 immer irgendwie Mitglied der PGA Tour. Ohne
weiter groß aufzufallen. Er spielte fleißig mit, sammelte regelmäßig genug
Punkte und Dollars, um Tourmitglied zu bleiben. Aber Erfolge, Siege, Ausreißer
nach oben? Fehlanzeige! Doch dann begann die Saison 2013/14. Und Walker siegte
beim ersten Turnier der neuen Saison, der Frys.com Open in Kalifornien. Damals,
im Herbst 2013, werteten die Experten das ganze noch als Ausrutscher. Und der
geschah bei einem Turnier wie der Frys.com, die zu den kleineren der PGA-Tour
zählt. Mit entsprechend übersichtlichem Starterfeld. Doch es sollte nicht bei
diesem Ausrutscher bleiben. Der 35-jährige Walker fand Gefallen am Gewinnen,
holte sich bei der Humana Challenge im Januar und dem Pebble Beach National
Pro-Am im Februar zwei weitere Siege. Drei Erfolge innerhalb von acht
Turnierstarts, dazu kamen bis heute fünf weitere Top 25-Platzierungen. Walker
führt die FedExCup-Saisonwertung seit Wochen und Monaten überlegen an, ist in
der Weltrangliste unter die Top 25 geklettert. Ein ewiger Mitläufer ist
plötzlich ganz oben angekommen und hat beste Aussichten, im September in
Schottland für die USA beim Ryder Cup abzuschlagen. Auch in der US Ryder Cup
Points List führt er. Natürlich… Denn Walker ist jetzt ein Gewinner.
Wenn ich über die Valspar Championship spreche, muss ich
auch ein Wort zu John Daly schreiben. DER Exzentriker auf der Tour, der dank
einer Sponsoreneinladung in Tampa Bay abschlagen durfte, benötigte für seine
Freitagsrunde nicht weniger als 90 Schläge. Für uns als blutige Anfänger wäre
es sicher ein nettes Ziel, den Platz in Mühlberg mal mit 17 Bogeys und einem
Doppel-Bogey zu spielen. Doch Daly verdankt seine Rekord-Runde (noch nie
benötigte er in seiner ereignisreichen Karriere mehr Schläge für eine Runde)
nicht etwa einer Bogey-Serie, sondern hauptsächlich der oben schon
angesprochenen 16. Zunächst drivte er den Abschlag ins Wasser. Anschließend
wollte er den Ball aus der Dropzone, die sich im Rough befand, über 250 Meter
diret aufs Grün nageln, wobei er zwei weitere Bälle zum tauchen schickte. Nachdem
er sich endlich dem Loch halbwegs genähert hatte, benötige er drei Chips um
aufs Grün zu gelangen und den Putt zur 12 zu versenken. Kommentar von Daly: „Es
war eine gute 12. Ich habe nur einen Putt gebraucht.“
Die European Tour gastierte in Marokko, wo auf dem
königlichen Grundstück die Trophee Hassan II ausgetragen wurde. Neben
Titelverteidiger Marcel Siem traten mit Max Kieffer, Marcel Schneider und
Florian Fritsch traten noch drei weitere Deutsche an. Die beiden letztgenannten
hatten sich durch gute Platzierungen auf der Pro Golf Tour, sozusagen eine von
vier Touren der dritten Liga in Europa, das Startrecht für dieses Turnier
erspielt. Und insbesondere Fritsch wusste zu überzeugen, wurde als geteilter
30. am Ende sogar bester Deutscher. Marcel Siem lag bis zu Beginn der dritten
Runde hervorragend im Rennen, ehe er sich am Wochenende mit zwei 75er-Runden
das Ergebnis verhagelte und 48. wurde. Doch Siem zeigte auf den ersten beiden
Runden, dass er nach seiner Rücken-Operation Ende vergangenen Jahres wieder auf
dem aufsteigenden Ast ist, die Konstanz wird auch wieder kommen. Max Kieffer
wurde 56., Schneider verpasste den Cut. Den Sieg holte sich ganz souverän der
Spanier Alejandro Canizares, der dadurch erstmals seit ewiger Zeit wieder unter
die Top 100 der Weltrangliste kletterte. Im Race to Dubai, der europäischen
Saisonwertung führt weiterhin der Waliser Jamie Donaldson vor Thomas Björn
(Dänemark) und Sergio Garcia aus Spanien. Martin Kaymer ist als bester
Deutscher 50.
Apropos Kaymer. Platz 50 im Race to Dubai, 134. im FedExCup,
55. in der Weltrangliste. Der Rheinländer sucht weiterhin nach seiner Form. Bei
sechs Starts in diesem Jahr steht ein geteilter 31. Platz in Abu Dhabi als
bestes Resultat, beim WGC-MatchPlay in Arizona schied er in der ersten Runde
aus, bei den anderen Turnieren fand man ihn jenseits des 50. Platzes, bei der
Honda Classic verpasste er sogar den Cut. So schnell ist noch kein ehemaliger
Weltranglistenerster abgestürzt und die Performance von Kaymer macht nur wenig
Mut auf Änderung. Seit er Anfang 2012 begonnen hat, an seinem Schwung zu
basteln, bekommt er kaum noch ein Bein auf den Boden. Der Putt beim Ryder Cup
war wohl nur ein kurzes Strohfeuer, schon seine Teilnahme verdankte er nur
seinen starken Leistungen aus dem Jahr 2011. Seitdem geht es steil bergab und
das Tempo wird rasanter. Nach unten. Klar, Golf ist ein schnelllebiges
Geschäft, dass zeigten 2013 mit Rory McIlory (im negativen Sinne, er aber 2014
wieder auf dem Weg zu alter Stärke) und Henrik Stenson (im positiven Sinne) auch
andere Profis, aber zur Zeit machen die Auftritte Kaymers nur wenig Hoffnung.
Nächste Chance in 14 Tagen bei der Shell Houston Open, die er erstmals spielt.
Und dann geht’s ja schon zum Masters.
Dort wird mit Bernhard Langer neben Kaymer auch ein zweiter
Deutscher im Feld sein. Der zweifache Masters-Champion besitzt ja ein
lebenslanges Spielrecht in Augusta. Und angesichts seiner Ergebnisse auf der
Champions Tour wäre es auch ein Wahnsinn, wenn Langer sein Recht nicht
wahrnehmen würde. Er spielte 2014 drei Turniere bei den Champions, gewann auf
Hawaii, wurde Siebter in Boca Raton und belegte gestern bei der ACE Group
Classic in Kalifornien den zweiten Platz. Er führt die Saisonwertung, den
Charles Schwab Cup souverän an, zudem wurde er im Januar und Februar als
Spieler des Monats ausgezeichnet. Und das Langer mit den jüngeren Spielern noch
mithalten kann, zeigte er letztes Jahr in Augusta eindrucksvoll, als er zur
Hälfte der Finalrunde eine realistische Siegchance hatte. Betrachtet man sich
die Formkurven unserer Spieler, würde ich derzeit eher Geld auf Langer als auf
Kaymer in Augusta setzen.
Ein anderer Deutscher, der uns derzeit viel Freude bereitet,
ist Alex Cejka. Er spielt nach seinem Abstieg vor zwei Jahren auf der
web.com-Tour, sozusagen der zweiten Liga unterhalb der PGA-Tour. Und das tut er
2014 ganz hervorragend. Cejka gewann den Saisonauftakt in Kolumbien und belegte
gestern bei der Brasil Champions in Sao Paulo den zweiten Platz. Damit hat er
nach drei Turnieren bereits soviel Preisgeld erspielt, dass ihm ein Platz unter
den ersten 25 der Saisonrangliste und damit die PGA-Tour-Karte für 2015 nicht
mehr zu nehmen ist. Bockstark, Alex!
Am kommenden Wochenende lädt Arnold Palmer auf der PGA Tour
in seinen eigenen Club nach Orlando ein. Das Arnold Palmer Invitational ist die
letzte Station des Florida Swings und gehört zu den bestbesetzten regulären
Turnieren der Saison. Ein paar Namen gefällig? Tiger Woods, Masters-Champ Adam
Scott, US-Open-Champ Justin Rose, FedExCup- und Race to Dubai-Champ Henrik
Stenson, Zach Johnson, Graeme McDowell, Hunter Mahan, Bubba Watson, Lee
Westwood, Brandt Snedeker, Keegan Bradley und und und. Wenn der große Arnold
Palmer ruft, kommen die Stars. Allerdings keine Deutschen, Martin Kaymer
pausiert erneut und bereitet sich auf das Masters vor. Auf der European Tour
gibt’s kein Turnier, dafür schlagen die Frauen auf der LPGA Tour nach ihrem
Besuch in Ostasien erstmals in den Staaten ab. Sandra Gal und Caroline Masson
gastieren im Wildfire Golf Club in Phoenix zum RR Donnelley LPGA Founders Cup.
Die web.com-Tour-Profis sind ebenfalls aktiv, gastieren bei der Panama Claro
Championship in Mittelamerika. Alex Cejka ist auch am Start und nutzt sein
Momentum hoffentlich für eine weitere Topplatzierung. Bernhard Langer hat ja bereits
seit einigen Jahren ein Momentum auf der Champions Tour, er duelliert sich ab
Freitag mit anderen junggebliebenen Ü50ern bei der Mississippi Gulf Resort
Classic in Biloxi.