Mehr Text ist eigentlich gar
nicht nötig – die Überschrift sagt alles. :-) Dennoch bedarf der zweite PGA
Tour-Sieg in Martins Karriere doch einiger Worte mehr. Denn nach einer langen
Zeit der Erfolglosigkeit, der Enttäuschungen, verpassten Cuts und hinteren
Plätze ist die ehemalige Nummer 1 wieder da. Und wie!
Es war schon dunkel in Ponte
Vedra Beach als Martin um 20:15 Uhr Ortszeit den entscheidenden Putt zum Sieg
beim wichtigsten Turnier nach den Majors lochte. Bis es so weit war, hatte die
Golfnacht (02:15 MESZ) mich aber einiges an Nerven gekostet. Doch gehen wir
chronologisch vor: Nach seiner 63er-Rekordrunde vom Donnerstag (Einstellung des
Platzrekordes; erster Spieler, der die Front Nine im TPC Sawgrass unter 30
spielt) konnte Martin seine Führung am Freitag mit einer 69 gegenüber der
Konkurrenz ausbauen. Mit einer Ausnahme: US-Jungstar Jordan Spieth kam bis auf
einen Schlag an Martin ran. Und diesen Schlag verlor Martin am Samstag auf dem
18. Grün, als er einen schwierigen Par-Putt nicht lochen konnte. Beide gingen
also gleich auf liegend in die Schlussrunde. Dort spielten sie parallel das
(planmäßige) Birdie auf der Zwei. Spieth gelang auf der Vier ein weiterer
Schlaggewinn und ging nun erstmals in Führung. Doch es sollte das letzte Mal
sein, dass der Amerikaner an diesem Tag als „Leader“ ausgewiesen war. Denn
während Kaymer weiter Par um Par spielte, leistete sich Spieth auf der Fünf,
der Acht und der Zehn Bogeys und fiel wieder hinter seinen deutschen Konkurrenten
zurück. Und weil Kaymer im Gegensatz zu Spieth die Par-5-Löcher Neun und Elf zu
Birdies nutzte, geriet der US-Boy aussichtslos ins Hintertreffen. Vielmehr
kristallierte sich dessen Landsmann Jim Furyk, der einige Löcher vor dem
Schlussduo unterwegs war, dank seiner 66er-Schlussrunde als ernsthaftester
Konkurrent des Rheinländers heraus. Weil Kaymer aber Loch für Loch sichere Pars
spielte, betrug sein Vorsprung auf Furyk scheinbar beruhigende drei Schläge,
als es auf die 15 ging. Doch nun griffen höhere Mächte in den Kampf um den
Players-Sieg ein. Die Uhr zeigte in Deutschland kurz nach Mitternacht, als
wegen einer nahenden Gewitterfront das Spiel unterbrochen werden musste. Martin
wurde in seinem guten Lauf unterbrochen, ich sah meine ohnehin schon kurze
Nachtruhe noch weiter zusammenschrumpfen. Zudem drohte die Fortsetzung am Montag,
was für mich nichts anderes bedeutet hätte, als das ich den wahrscheinlichen
Sieg Kaymers nicht hätte live sehen können. Zunächst lenkte ich mich mit dem
Ende von Spiel 4 der NBA-Play-Offs zwischen Oklahoma City und den Clippers ab.
Auch nett, weil Frank Buschmann, der wahnsinnigste und beste
Basketball-Kommentator auf diesem Planeten ein letztes Mal auf spox.com
kommentierte. Die Clippers gewannen, Buschmann rastete vollkommen aus
(Ratatatatata!!!) und zumindest das Gewitter verzog sich aus Ponte Vedra Beach.
Viertel Zwei gings weiter. Und was nun kam, machte einen fertig. Martin machte
mich fertig. Die letzten vier Löcher begann er mit einem Doppel-Bogey auf der
15. Erster Schlag in den Wald, zweiter ins Rough, Pitch in den Bunker,
Bunker-Schlag (sonst während des ganzen Turniers brilliant) unendlich weit weg
von der Fahne, erster Putt knapp daneben = Doppel-Bogey und Furyk, das ganze
gemütlich im Clubhaus verfolgend, war plötzlich nur noch einen Schlag zurück.
Dann die 16, Par 5. Den ersten ordentlich, mit dem zweiten die Fahne
attackiert. Länge okay, leider viel zu weit links. Der Ball lag aus Martin's Sicht wohl so ungünstig,
das er nicht chippen wollte (was er auf der anschließenden PK als großen Fehler bezeichnete), sondern aus recht hohem Gras bergauf
einen Putt versuchte. Das ging kräftig in die Hose, viel zu kurz, zweiter Putt knapp
daneben, den dritten eingelocht. Auf der 16 nur ein Par, statt den Vorsprung
wieder auszubauen hatte er ihn mit Mühe und Not verteidigt. Kaymer hatte die
Unterbrechung nicht gut getan. 1:45 Uhr. Abschlag 17. Das berühmte Insel-Grün.
Kaymer hat Mega-Glück. Der Ball fliegt gerade so auf’s Grün, springt dazu so
unglücklich ab, dass er über eine Welle richtig Geschwindigkeit bekommt. Der
Ball rollt, wird schneller, rollt, rollt. Ich bin ehrlich. Ich sehe ihn im
Wasser, Furyk mit dem 1,8-Millionen-Dollar-Scheck in der Hand und Kaymer den
Wettergott mit seinen Eisen durch Florida jagen. Doch der Ball hält an. In der
nur wenige Zentimeter breiten Roughkante des Inselgrüns bleibt der Ball hängen.
Zentimeter vor dem Abgrund. Der Ball bleibt trocken, Kaymer kann chippen. Aber
wie chippt er denn?? Viel zu kurz, der Ball bleibt oben auf der Welle hängen.
Kaymer hat das Momentum komplett verloren. Immer wieder der Blick zu Furyk ins
Clubhaus, der sich jetzt gedanklich auf ein Stechen am Montag einstellt. Denn
es war mittlerweile so dunkel geworden, dass entschieden wurde, ein eventuelles
Stechen auf Montag zu verschieben. Aber Kaymer behielt den Durchblick. Denn
plötzlich war es wieder da. Das berühmte Momentum. Er lochte diesen irren Putt
vom Hügel nach unten rechts tatsächlich. Sechs Meter? Acht? Zehn? Keine Ahnung (mittlerweile weiß ich, dass es 28 Fuß, knapp acht Meter waren)! Als alles verloren schien, war Martin wieder da. Und Furyk, der bereits vor Wochenfrist in Charlotte Zweiter geworden war, nickte im Sessel
anerkennend. Mit einem Schlag Vorsprung ging Martin auf die 18. Es war richtig
duster jetzt. Abschlag gerade aufs Fairway. Top! Der Zweite etwas zu kurz,
bleibt vor dem Grün liegen. Der Putt gut, riskant, direkt das Loch
angegegriffen, rollt knapp vorbei. Ein Meter. Machbar. Dann der Putt zum Sieg.
Drin! 02:15 Uhr. Geschafft! Das Comeback gelungen! Endlich wieder einfach Golf
gespielt anstatt über den Schwung nachzudenken. Es folgte ein kurzes, aber emotionales
Siegerinterview! Weil seine Mutter Rina vor sechs Jahren an Krebs gestorben
war, war Kaymer den Tränen nahe, als ihn der US-Kollege auf den Muttertag
ansprach. In Erinnerung an seine Mutter zierte eine Sonnenblume, deren Lieblingsblume, das Bag des
Rheinländers.
Dank des Sieges verbessert sich
Martin in der Weltrangliste vom 61. auf den 28. Platz sowie im FedExCup um 96
Plätze auf Rang 18. Die Punktzahl sollte reichen, um in den
Fed-Ex-Cup-Play-Offs sicher bis zur BMW Championship zu kommen, die Tour
Championship in Atlanta darf man nun als realistisches Ziel betrachten. Zudem
hat er seine PGA-Tour-Karte bis 2019 abgesichert, bis zum gleichen Jahr
erhält er Einladungen zum Masters nach Augusta. Und nicht vergessen darf man
den Ryder Cup Ende September. In der World Points List liegt er nun ganz heiß im
Rennen, knapp vor Ian Poulter auf einem der fünf automatischen Startplätze.
Der Aufwärtstrend bei Martin
hatte sich schon in den Vorwochen zart angekündigt. Den schwachen Vorstellungen
zu Jahresbeginn (Missed Cuts in Houston und bei der Honda sowie ein 58. Platz
in Doral) folgten die Plätze 31 (Masters), 23 (RBC Heritage) und 18 am vergangenen
Wochenende bei der Wells Fargo. Dort spielte er bis zum Beginn der Schlussrunde
sogar um den Sieg mit, brach dann aber am Sonntag ziemlich. Den Titel bei der
Wells Fargo sicherte sich J. B. Holmes. Auch so eine Wahnsinns-Geschichte! Der
Amerikaner musste sich Ende 2011 wegen der Chiari-Malformation einer
Gehirn-Operation unterziehen. Weil er allergisch auf die eingesetzte
Titanplatte reagierte, folgte einen Monat später eine weitere Operation. Nun
feierte der Spieler, der einst schneller als kein anderer Spieler vor ihm seine
erste Million Dollar Preisgeld auf der PGA Tour verdient hatte und Mitglied des
letzten siegreichen US-Ryder-Cup-Teams 2008 war, ein grandioses Comeback auf
der großen Tour-Bühne.
Am kommenden Wochenende kehrt die
PGA Tour nach Texas zurück, wo in Irving, einem Vorort von Dallas die HP Byron Nelson Championship
ausgetragen wird. Players Champion Martin Kaymer ist ebenso am Start wie Keegan
Bradley, Jason Dufner, Dustin Johnson, Louis Oosthuizen, Patrick „Nr. 5“ Reed,
Charl Schwartzel, Jordan Spieth, Jimmy Walker oder der momentan vollkommen
außer Form spielende Brandt Snedeker. Titelverteidiger ist Sang-Moon Bae aus
Südkorea, Martin Kaymer gelang 2013 als geteilter Fünfter sein bestes
PGA-Tour-Resultat des Jahres.
Ein tragischer Zwischenfall
ereignete sich am Wochenende bei der wegen Nebels auf zwei Runden vekürzten
Madeira Islands Open auf der portugiesischen Blumeninsel. Beim Sieg des
Engländers Daniel Brooks (erster Tour-Sieg) war der Caddy des Schotten Alastair
Forsyth, Ian MacGregor auf der 9. Spielbahn zusammengebrochen und 52-jährig an
Herzversagen gestorben. Was die Verantwortlichen der European Tour geritten
hat, das Turnier nicht abzubrechen sondern die zweite Runde durchzuprügeln,
bleibt deren trauriges Geheimnis. Leidiglich Paul Lawrie zog zurück, alle
anderen Spieler, sogar Forsyth, spielten nach einer Schweigeminute und kurzer
Beratschlagung weiter. Der Linksgolfer schrieb passenderweise von einer
Schande, auch viele Spieler äußerten via Twitter ihren Unmut über die
Entscheidung der Turnierverantwortlichen.
In dieser Woche gastiert die
European Tour zur Open de España im katalanischen Girona. Neben allen
spanischen Spitzenspielern (Sergio Garcia, Miguel Angel Jimenez, Gonzalo
Fernandez Castano usw.) sind mit Matteo Manassero oder Victor Dubuisson weitere
European Tour-Größen ebenso am Start wie die deutschen Professionals Marcel
Siem und Max Kieffer. Vielleicht nehmen sie sich an Martin Kaymer ein Beispiel!
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