08.08.2012

London? South Carolina!


Nach meinem frühkindlichen Trauma während der Eröffnungsfeier der Winterspiele 1988 in Calgary, habe ich seit 1992 mit der für mich gewohnten und für Außenstehende schwer nachvollziehbaren Intensität sämtliche Olympische Spiele verfolgt. Doch ausgerechnet jetzt, wo ich in London 2012 mein olympischen Dutzend vollmache, schwächel ich etwas. Wenn am Sonntag das olympische Feuer in der britischen Hauptstadt erlischt, werde ich wohl, was olympische TV-Stunden angeht, einen neuen Minusrekord aufstellen. Oder anders gesagt: ich bin auch nicht besser als die deutschen Schwimmer oder Schützen.

Und meine angestrebte mediale Aufholjagd wird am kommenden Wochenende zusätzlich erschwert: denn bei der PGA Championship trifft sich in South Carolina die gesamte Golf-Weltelite zum vierten und letzten Major-Turnier des Jahres. Grandios!

Ermittelt wird der PGA-Champion 2012 auf dem Ocean Course des Kiawah Island Golf Resort. Das Resort wurde 1974 eröffnet, der Ocean Course im Jahre 1991. Der von Pete Dye designete Kurs wurde extra für den Ryder Cup 1991 angelegt und ist heute einer der schönsten Golfplätze der Welt. Vor kurzem lief eine Reportage über Golfplätze in South Carolina und ich war von der Schönheit der Plätze dort im allgemeinen und von Kiawah Island im speziellen schwer beeindruckt. Der Platz ist kein typisch amerikanischer Parkland-Course, sondern erinnert eher an einen europäischen Links-Kurs. Er liegt direkt an der Atlantik-Küste, der Wind kann ungehindert über die Spielbahnen fegen und die Bälle aus den Fairways hinaus ins Rough oder das Sumpfgras wehen. Der Platz, auf dem die PGA Championship zum allerersten Mal ausgetragen wird, dürfte also für spektakuläre und traumhaft schöne Bilder sorgen. Gleichzeitig eröffnet er mit seinem Links-Charakter für die europäischen Spieler gute Möglichkeiten.

Und gerade die Europäer hätten es bitter nötig. Nicht nur das die US-Amerikaner 77 der 92 seit 1916 ausgetragenen Turniere gewannen, von den 15 nicht-amerikanischen Siegern kamen nur vier aus Europa. Bemerkenswert: die ersten beiden PGA-Titel sicherte sich der Engländer Jim Barnes 1916 und 1919 (1917 und 1918 fand das Turnier wegen des 1. Weltkriegs nicht statt), erst 1920 begannen die Amerikaner ihre unglaubliche Erfolgsgeschichte. Nach Barnes dauerte es dann schlappe 89 (!) Jahre bis mit dem Iren Padraig Harrington 2008 der nächste Europäer die PGA Championship gewann. Und 2010 folgte mit Martin Kaymer der erste deutsche (und kontinentaleuropäische) Turniersieger. Und der Sieg 2010 kann trotz Kaymers Formkrise durchaus als gutes Omen betrachtet werden: 2010 in Whistling Straits gab es ebenfalls viel Sand, viel Wasser, viel Wind… sprich einen Links-Kurs, der übrigens ebenfalls von Pete Dye entworfen wurde. Und seinen Caddie von damals hat Kaymer vor kurzem ja auch wieder unter Vertrag genommen.

Rekordsieger des Turniers sind – natürlich – zwei US-Amerikaner, die Golf-Legenden Walter Hagen und Jack Nicklaus, die zwischen 1921 und 1927 bzw. 1963 und 1980 jeweils fünf Siege einfahren konnten. Sollte Tiger Woods in South Carolina siegen, würde er mit dann ebenfalls fünf PGA-Titeln zu den beiden aufschließen.

Wie eingangs schon beschrieben, ist die gesamte Weltelite des Golfsports in Kiawah Island am Start, darunter mit Martin Kaymer und Marcel Siem zwei Deutsche. Und auch Webb Simpson, der US Open-Champion und derzeitige Weltranglisten-Fünfte mischt nach seiner „Babypause“ bei der Open Championship wieder mit. Freuen wir uns also zwischen Synchronschwimmen, Leichtathletik und Taekwondo auf fantastisches Golf auf einem traumhaften Platz.

PS: Ein ganz persönliches Fazit zu den eingangs erwähnten Spielen in London gibt’s nächste Woche.