22.07.2014

Neues Personal, neue Gegner - Der FC RWE vor der Saison 2014/15


Vom WM-Titel noch nicht komplett ausgenüchert, da rollt in der 3. Liga ab dem kommenden Wochenende schon wieder der Ball. Unser FC Rot-Weiß Erfurt geht gemeinsam mit 19 Konkurrenten in die siebente Saison der eingleisigen 3. Liga. Neben Unterhaching und der Reserve des VfB Stuttgart, sind wir mittlerweile nur noch einer von drei Dinos, die an allen Spielzeiten der 3. Liga teilgenommen haben.

Wie in jedem Sommer wurde unser Kader einer Renovierung unterzogen. Der Umbau hielt sich zwar in Grenzen, ganz geräuschlos verlief der Sommer in Erfurt aber leider nicht. Eine gewichtige Aktie daran hat aus meiner Sicht auch die Vereinsführung, denn die wie unsere beiden Sechser Nils Pfingsten-Reddig und Marco Engelhardt vor die Tür gesetzt wurden, ist an Stillosigkeit nicht zu überbieten. Dass die Zeit von „NPR“ in Erfurt im Sommer enden wird, war relativ schnell in der Saison klar. Walter Kogler setzte auf die Doppel-Sechs Möhwald/Engelhardt, für Nils Pfingsten-Reddig blieb oft nur die Ersatzbank. Warum aber einem Profi, der vier Jahre zu den Führungsspielern gehörte (zuletzt sogar als Kapitän) und den Verein insb. mit zahlreichen Elfmeter- und Freistoßtoren den Arsch rettete, am letzten Spieltag ein würdiger Abschied vor großer Kulisse verweigert wird, bleibt mir ein Rätsel. Da hilft meiner Meinung nach auch die Ehrung vor dem Spiel gegen die Queens Park Rangers heute abend nichts: die Vereinsverantwortlichen haben hier versagt! Noch mehr Wirbel verursachte der Fall Marco Engelhardt. Dem Ur-Erfurter, der gemeinsam mit Clemens Fritz seine große Karriere im Steigerwaldstadion begonnen hatte, wurde während der laufenden Vorbereitung plötzlich mitgeteilt, dass man aus „sportlichen Gründen“ nicht mit ihm planen würde. Zu einem Zeitpunkt also, an dem viele Vereine (potentielle neue Arbeitgeber für Marco) in ihrer Saisonplanung schon weit fortgeschritten sind. Auch wenn es für den Verein sicherlich nicht förderlich ist, wenn Engel sein letztes Vertragsjahr incl. dickem Gehalt auf der Tribüne absitzt, wünsche ich dem Vorstand, dass genau das passieren wird. Denn amateurhafter als bei Marco Engelhardt kann sich ein Verein nicht verhalten. Furchtbar! An dieser Stelle alles Gute an NPR in Nordhausen - und nochmals Danke für das signierte Trikot ;-) sowie an Marco Engelhardt.

Die Abgänge von Niklas Kreuzer (warum Dynamo Dresden den verpflichtet hat, weiß ich wirklich nicht), Johannes Bergmann (Wacker Nordhausen, Rückholoption für RWE), Mario Fillinger (ihm ist in erster Linie Gesundheit zu wünschen), Marius Strangl (SpVgg Bayreuth, zuletzt zum Stammspieler gereift) sowie Mijo Tunjic (SV Elversberg) fallen sportlich nicht sonderlich ins Gewicht. Lediglich Christopher Drazan hätte ich gerne weiter im RWE-Trikot gesehen. Der Österreicher, der nach Leihende wieder nach Kaiserslautern zurück ist, wurde in der Rückrunde immer stärker und ist, sportlich gesehen, der einzig schmerzliche Verlust.

Sechs Spieler (wurden neben diversen Nachwuchsakteuren) neu an den Steigerwald geholt. Mit Juri Judt (1. FC Saarbrücken) und Sascha Eichmeier (Sportfreunde Siegen) wurden die beiden Außenverteidigerpositionen neu besetzt. Judt ist bundesligaerfahren, seine Karriere geriet aber zuletzt bei RB Leipzig und im Saarland ins Stocken, hoffen wir, dass er in Erfurt wieder durchstartet. Die ersten Berichte aus der Vorbereitung klingen nicht schlecht, Luka Odak scheint sich warm anziehen zu müssen. Auf der linken Seite soll Sascha Eichmeier dem etablierten Rafael Czichos (der Gott sei Dank seinen Vertrag verlängert hat) Konkurrenz machen. Eichmeier ist zudem so offensivstark und torgefährlich, dass er durchaus auch als Alternative zu Haris Bukva zu sehen ist. Der Österreicher mit bosnischen Wurzeln spielte zuletzt in Split, ist ein Linksaußen mit Erfahrungen in diversen österreichischen Nachwuchs-Nationalmannschaften. Zwei weitere Neue wurden für das zentrale Mittelfeld geholt: Christoph Menz, der aus Dresden kam und dort sowie bei Union Berlin Zweitliga-Erfahrung sammelte, könnte gemeinsam mit Kevin Möhwald das defensive Mittelfeld beackern. Eine wesentlich offensivere Rolle dürfte Sebastian Tyrala spielen, Typ klassischer Spielmacher, bei Borussia Dortmund ausgebildet, der insbesondere verletzungsbedingt in Fürth nicht den Sprung schaffte, der ihm rein vom Potential her durchaus zuzutrauen gewesen wäre. Bleibt Tyrala gesund eine absolute Top-Verpflichtung. Im Sturm schließlich soll der Österreicher Christian Falk eine Alternative zu Carsten Kammlott und Simon Brandstetter sein. Falk zeichnet sich insbesondere durch seine imposante Größe und seinen in der zweiten österreichischen Liga gezeigten Torinstikt aus. Seine 1,94 m bringen neben den beiden eher bulligen, kleineren Stürmern Kammlott und Brandstetter einen neuen Faktor ins Erfurter Angriffsspiel.

Werfen wir nun neu und alt zusammen, ergibt sich folgende denkbare Elf:

Kammlott - Brandstetter
Bukva - Tyrala
Möhwald - Menz
Czichos – Laurito – Kleineheismann - Judt
Klewin

Und da sind dann Leute wie Eichmeier, Wiegel (den man aus Aue fest verpflichten konnte), Falk, Möckel oder Göbel noch gar nicht berücksichtigt. Denkbar wäre auch eine Variante mit nur einem Sechser, für den Wiegel auf die rechte Seite rückt und Tyrala zum klassischen Zehner wird. Oder für Wiegel wird einer der Stürmer geopfert. Aus meiner Sicht ergeben sich für Walter Kogler zahllose Möglichkeiten, die durch den jungen Amer Kadric noch erweitert werden. Der im Vorjahr aus Bonn zur U 19 geholte Offensivallrounder machte nämlich in der Vorbereitung mit Toren und starken Auftritten nachhaltig auf sich aufmerksam. Auch wenn wir in der alljährlichen kicker-Umfrage unter den Trainern nicht direkt genannt wurden, sollten wir zu den Mannschaften gehören, die zumindest in Richtung der Aufstiegsplätze schnuppern können. Und das wäre ja angesichts des näher rückenden Jahres 2016 und der gleichnamigen Mission eigentlich „nur“ planmäßig.

Zum Schluss noch ein Blick auf die neue Konkurrenz: Die zuletzt alles dominierenden Heidenheim und Leipzig haben sich ebenso in die 2. Bundesliga verabschiedet wie der SV Darmstadt 98. Leer gefegt wurde das Saarland, mit Saarbrücken und Elversberg verabschiedeten sich beide Vertreter von der französischen Grenze wieder in die Regionalliga. Und auch die weite Auswärtsreise nach Burghausen dürfte kaum ein Drittligist vermissen. Wacker spielt zukünftig mit Feierabendfußballern in der Regionalliga Bayern. Neu in der Liga sind die Zweitliga-Absteiger Dynamo Dresden, Arminia Bielefeld und Energie Cottbus. Insbesondere die beiden Derbies dürften eine Menge Kohle in die Vereinskasse spülen, hoffentlich muss es im Anschluss nicht wieder für Strafen ausgegeben werden. Leider eher unattraktiv sind die drei Aufsteiger. Fortuna Köln hat zwar eine reiche Zweitliga-Geschichte, die Anekdoten um den früheren Mäzen Jean Löring („ICH als Verein musste handeln“ nach dem er in der Halbzeitpause (!) den Trainer feuerte) sind legendär, aber mit Essen oder Aachen hätte es aber weitaus attraktivere Vereine aus NRW gegeben. Die SG Sonnenhof Großaspach von der Schwäbischen Alb reiht sich in die Liste der süddeutschen Vereine (Heidenheim, Sandhausen, Aalen) ein, die in den letzten Jahren, solide arbeitend und unterstützt von der starken einheimischen Wirtschaft, nach oben geklettert sind. Der Verein entstand in den 70er Jahren aus der Stammtischmannschaft um Uli Ferber, dem damaligen Juniorchef des Hotels Sonnenhof. Und Uli Ferber ist niemand geringeres als der Ehemann von Schlagerkönigin Andrea Berg. Vielleicht wäre die Auswärtsfahrt in die Mechatronik Arena (ein Schmuckkästchen für 10.000 Besucher) mal was für den Kollegen Martini. ;-) Dritter Aufsteiger ist die zweite Mannschaft vom FSV Mainz 05. Die waren in der Regionalliga Südwest zwar nur Dritter geworden, griffen aber gerne zu als die Reserve des SC Freiburg auf die Teilnahme an den Aufstiegsspielen (gegen Neustrelitz) verzichtete. Und mehr muss zu einer zweiten Mannschaft auch nicht gesagt werden.

Soweit ein Blick auf die neue Saison, wir sehen uns am Samstag im Steigerwaldstadion zum Auftaktspiel gegen Borussia Dortmund II.