19.10.2012

NO CAMINHO PARA O BRASIL


VOR dem Anpfiff des Schweden-Spiels hatte ich mir vorgenommen, zum Jahresende den Stand der WM-Qualifikation zusammenzufassen. Wen werden wir 2014 in der Casa da Eira kicken sehen, wer ist schon raus, wer ist überraschenderweise noch dabei. Nach ner Stunde Spielzeit stieg die Vorfreude, nach 90 Minuten und dem 4:4-Ausgleich war dann erstmal der Ofen aus. Was für eine biblische letzte halbe Stunde. Arrogant, überheblich, selbstverliebt. Genau wie ihr Trainer die Kritik nach der Italien-Niederlage abkanzelte kickte unsere Nationalelf ab der 60. Minute gegen Schweden. Jeder machte im Gefühl des sicheren Sieges einen Schritt weniger. Und als die Schweden, aufgeweckt durch das 1:4 von Ibrahimovic plötzlich mitmachten, kämpften, körperlich dagegenhielten, fielen unsere Mädchen auseinander. Es war keiner da, der den Mund aufmachte. Ein Effenberg wäre spätestens nach dem 2:4 Amok gelaufen, hätte statt einer gelben Karte für Zeitspiel (Neuer, Lahm, Schweinsteiger) eine bekommen, weil er mal einen Schweden umgesenst, ein Zeichen gesetzt hätte. Löw verteidigt ja immer wieder sein Prinzip der flachen Hierarchie, nennt Lahm, Schweinsteiger oder Neuer als Führungsspieler. Aber wo waren sie denn in Berlin? Ein Lahm ist schon bei der Seitenwahl ein Witz, wenn er einem wie Ibrahimovic gegenüber steht. Das sieht dann aus wie B-Jugend gegen richtige Männer. Nur mit Künstlern wie Özil geht es nicht, ein Özil geht in so einem Spiel einfach mit unter. Es braucht keine flache, sondern eine klare Hierarchie. Spieler dafür kann man sich nicht backen, Typen wie Effenberg oder Matthäus hat der deutsche Fußball nicht. Das Problem ist, dass solche Leute auch nicht in Sicht sind, weil es beim aalglatten DFB für solche Jungs schwer ist, diese Spieler gar nicht gefördert werden. Es muss aber nicht sein, dass jeder Defensivspieler jedes Problem spielerisch lösen muss. Ein, zwei Klopper in der Truppe können nicht schaden. Im Gegenteil. Die hätten den Freistoß in der Nachspielzeit an die gegnerische Eckfahne gedroschen anstatt mit drei Rückpässen bei Neuer anzukommen, der den Fehlpass spielt und den Ausgleich einleitet. So genug aufgeregt, wir liegen in Gruppe C ja trotz allem recht ordentlich im Rennen, haben noch drei Spiele gegen die Färöer und Kasachstan plus Heimspiele gegen Österreich und Irland. Die Schweden werden auch nicht alles gewinnen, möglicherweise nehmen sich die drei zuletztgenannten auch gegenseitig ein paar Punkte weg. Deutschland wird sich für die WM qualifizieren, dahinter sehe ich Schweden und Österreich im Duell, die Iren sind furchtbar schlecht. Ein Trauerspiel…

Blicken wir mal in die weiteren Europagruppen. Es qualifizieren sich die neun Gruppensieger direkt für die Weltmeisterschaft. Die acht besten Gruppenzweiten ermitteln in vier Play-Offs vier weitere WM-Teilnehmer. Einer der Gruppenzweiten schaut also sicher in die Röhre, der Gruppensieg ist von enormer Bedeutung.

In Gruppe A streiten sich die Belgier mit ihrer neuen, starken Generation mit den Kroaten um die Gruppe. Ich drücke den Belgiern kräftig die Daumen. Der 3:0-Erfolg in Serbien war ein starkes Statement. Die Kroaten haben den Vorteil, dass sie die Belgier noch zu Hause empfangen und in Brüssel schon ein 1:1 geholt haben. Der Rest der Gruppe nimmt sich gegenseitig die Punkte weg, Serbien verliert in Mazedonien, die Schotten in Wales, ein Schneckenrennen. Ich tippe auf Belgien vor Kroatien.

In Gruppe B brillieren die Italiener zwar nicht, stehen aber nach dem wichtigen Heimsieg gegen Dänemark mit 10 Punkten souverän der Tabellenspitze. Die Skandinavier kriegen Druck aus Osten, Bulgarien und Tschechien liegen auf Platz 2 und 3. Da es in dieser Gruppe bereits zahllose Unentschieden gegeben hat, könnte hier der schlechteste Zweite beheimatet sein. Die Italiener werden sich qualifizieren, dahinter ist zwischen Bulgarien, Tschechien, Dänemark und auch Armenien alles offen.

Die Gruppe D beheimatet mit den Niederländern eines der beiden Teams der Europa-Qualifikation, die noch verlustpunkt frei sind (das andere sind die Russen). Die Holländer haben zwar nur drei Punkte Vorsprung auf Rumänien und Ungarn, allerdings haben die Oranjes genau bei ihren beiden schärfsten Kontrahenten schon Auswärtssiege eingefahren, dazu auch die Türkei geschlagen. Die Holländer haben noch ein paar launige Spiele gegen Estland und Andorra vor der Brust und qualifizieren sich im Schongang für die WM. Zwischen Rumänien und den wieder erstarkten Ungarn werden wohl die direkten Duelle entscheiden, die Türkei muss fast schon auf ein Wunder hoffen.

Sehr knapp geht’s in Gruppe E zu. Die favorisierten Schweizer führen, werden allerdings von Norwegen, Albanien und Island gejagt. Diese Aussage zeigt das Niveau dieser sehr schwachen Gruppe. Da sich die Jäger aber immer wieder Aussetzer leisten (so verlor Norwegen auf Island, die Isländer wiederrum auf Zypern, die Slowenen, die ja auch schon WM-Teilnehmer waren wiederum in Albanien), werden Hitzfelds Eidgenossen wohl nach Brasilien fahren.

In Gruppe F gibt’s eine Dreiklassengesellschaft. Ganz vorn trohnen ungefährdet die Russen. Capello hat seinem Team taktische Disziplin eingeimpft, statt Hurra-Fußball ohne Nachzudenken bevorzugt der italienische Star-Trainer schmucklose 1:0-Siege. Die Tabelle gibt ihm Recht. Apropos Tabelle… Auf die möchten die Portugiesen derzeit wohl lieber gar nicht gucken. Denn nach der Niederlage in Moskau gabs am Dienstag in Porto ein peinliches 1:1 gegen Nordirland. Ronaldo & Co. sind hinter Israel auf Rang drei zurückgefallen. Hätten die Israelis nicht bei Berti Vogts in Aserbaidschan Punkte liegen gelassen… Junge, Junge… Die Russen erscheinen mir stark genug für den Gruppensieg und Portugal wird sich hoffentlich (wie immer) über die Play-Offs qualifizieren.

Die Gruppe G könnte man streichen, niemand würde irgendein Team bei der WM vermissen. Unglücklicherweise geht das nicht und so werden wir eine dieser Truppen in Brasilien sehen. Momentan führt Bosnien-Herzegowina vor dem punktgleichen Griechenland. Die Hellenen haben den Nachteil, dass sie zu Hause gegen Dzeko und Konsorten nicht über ein 0:0 hinaus gekommen sind. Vorteil Bosnien also. Die Vorentscheidung könnte es gleich am nächsten Spieltag im März geben, wenn in Bosnien das Rückspiel steigt. Der Rest wird es schwer haben, die Slowakei, immerhin Achtelfinalist in Südafrika hat schon zu Hause gegen die Griechen verloren und in Litauen Punkte liegen gelassen. Bosnien qualifiziert sich für die WM, die Griechen gehen in die Play-Offs.

England gegen Osteuropa – so ist die Lage in der Gruppe H. Und die Three Lions haben doch so ihre Probleme. Gegen die Ukraine und in Polen gab es nur Unentschieden, dreifach gepunktet wurde bisher nur in Moldawien und gegen San Marino. Und dann sind da noch die Montenegriner, die den Engländern schon bei der letzten EM-Quali mächtig auf den Sack gegangen sind und nach ihrem Sieg in der Ukraine wieder erster Verfolger sind. Sehr spannend, England sollte sich aber am Ende durchsetzen. Und gegen Montenegro will sicher keiner in den Play-Offs spielen.

Das Beste zum Schluss – so könnte man die Gruppe I sehen. Das Los hat Frankreich und Dauer-Titelträger Spanien zusammengeführt. Einer von beiden muss in die Play-Offs. Wenn man sich dann Gruppen wie E oder G anschaut, könnte man heulen. Die erste Runde ging an Frankreich, die beim 1:1 in Madrid einen wertvollen Auswärtspunkt ergatterten. Der Rest der Gruppe ist nur unwichtiges Beiwerk, die beiden Großen machens unter sich aus. Das Rückspiel in Frankreich steigt übrigens schon im März.

In Nord- und Mittelamerika sowie der Karibik (oder im FIFA-Deutsch: CONCACAF) stehen jetzt die sechs Mannschaften fest, die sich in der Endrunde um drei direkte WM-Plätze sowie einen Platz für das Play-Off gegen den Fünften aus Asien streiten. Und auch wenn die von Jürgen Klinsmann trainierten Amis sich nur mit viel Dusel in diese Endrunde retteten und sich Klinsmann in den Staaten heftiger öffentlicher Kritik ausgesetzt sieht, sollten die US-Boys und Mexiko wohl zwei der drei direkten Plätze buchen. Um den dritten direkten Platz streiten sich Costa Rica (drei WM-Teilnahmen, zuletzt 2006), Honduras (zwei, 2010) und Jamaika (eine, 1998) sowie Panama, dass noch über keine WM-Endrunden-Erfahrung verfügt. Im Grunde genommen konnte man das Teilnehmerfeld so erwarten, Guatemala (in den USA) und Kanada (1:8 (!) in Honduras) verspielten am letzten Zwischenrunden-Spieltag ihre Endrunden-Plätze, die vielen kleinen karibischen Insel-Staaten waren mehr oder weniger chancenlos.

In Südamerika war es noch nie so leicht, sich für eine WM zu qualifizieren. Die Brasilianer sind als Gastgeber automatisch dabei, bei vier direkten Plätzen und einem Play-Off-Platz gegen Asien besteht aber für die restlichen neun Teams eine 50%ige-Chance auf die WM-Teilnahme. Das ist mit weitem Abstand die beste Quote. Souveräner Tabellenführer sind die Argentinier, die man nun plötzlich doppelt und dreifach fürchten muss, weil der neue Trainer Sabella es geschafft hat, dass Messi nicht nur in Barcelona sondern auch für sein Heimatland zaubert und trifft. Dahinter liegen das namenlose Kollektiv aus Ecuador und Kolumbien, dass von seiner Tormaschine Falcao lebt. Die beiden haben zwischen sich und den Rest bereits vier Punkte gelegt. Vierter ist momentan Venezuela, dass als einziges südamerikanisches Land noch nie an der WM-Endrunde teilgenommen hat. Im Land von Hugo Chavez, wo Baseball eigentlich die Nummer 1 ist, hofft man nun auf die erste WM-Teilnahme. Auch weil der WM-Vierte Uruguay schwächelt, zuletzt 1:4 beim bisherigen Tabellenletzten Bolivien unterging. Auch Chile (2010 im Achtelfinale) und WM-Dauerbrenner Paraguay (seit 1998 immer dabei) haben Probleme, so dass das Rennen hinter den Top 3 (ARG, ECU, COL) vollkommen offen erscheint.

In Asien sind nur noch zehn der 43 gestarteten Teams im Wettbewerb, in zwei Fünfergruppen werden vier WM-Teilnehmer ermittelt, die beiden Dritten ermitteln in einem Play-Off ein Team, was dann gegen den Südamerika-Fünften ein weiteres Play-Off bestreitet. In den beiden Gruppen ist Halbzeit, jedes Team hat vier seiner acht Spiele bestritten. In Gruppe A ist das Rennen eng, zwischen Tabellenführer Südkorea und dem Letzten Libanon liegen nur drei Punkte, neben diesen beiden haben als auch die dazwischenliegenden Iran, Usbekistan und Katar noch absolut intakte Chancen. Vom Papier her sollten die Koreaner und der Iran das Rennen machen, die Perser haben aber schon im Libanon verloren, die Gruppe scheint also unberechenbar. In der anderen Gruppe können die Japaner die WM-Tickets so gut wie buchen, sie haben fünf Pinkte Vorsprung auf den Zweiten Australien. Die Kicker aus Down Under spielen eine dünne Qualifikation, konnten am Dienstag durch zwei späte Tore im Irak ihren ersten Sieg einfahren. Oman und Jordanien, beide wären WM-Neulinge hängen den Aussies mächtig im Kreuz. Allerdings empfangen die Australier alle ihre Konkurrenten um Platz 2 noch zu Hause, müssen nur in Japan auswärts antreten. Japan und Australien sollten sich also durchsetzen, ob nun Oman, Jordanien oder der Irak Favorit um Play-Off-Platz 3 sind, vermag ich nicht einzuschätzen.

In Afrika gibt es zehn Gruppen, deren Sieger fünf Play-Offs-Spiele bestreiten. Die Sieger dieser K.O.-Spiele fahren dann anch Brasilien. Der Modus ist also recht einfach. Allerdings ist die Lage in Afrika derzeit noch relativ unübersichtlich, weil dort diese Woche erstmal die Qualifikation für die Afrika-Meisterschaft im Januar beendet wurde, die WM-Qualifikation startet erst 2013 so richtig durch. Dennoch wollen wir einen ersten schnellen Blick wagen, einige Tendenzen sind durchaus schon ersichtlich, nachdem jedes Team zwei seiner sechs Spiele bestritten hat. Mit Südafrika, Ghana und Kamerun (dass übrigens Dienstag in der besagten Qualifikation für den Afrika-Cup an den Kap Verdischen Inseln gescheitert ist (!)) sind bekannte Namen in ihren Gruppen bereits ins Hintertreffen geraten. Dafür scheinen die Ägypter, zwischen 2006 und 2010 dreimal in Folge Afrikameister, aber seit 1990 nicht mehr bei einer WM dabei, endlich mal eine gute WM-Qualifikation zu spielen (sechs Punkte aus zwei Spielen). Auch der amtierende Afrikameister Sambia und der mehrmalige WM-Teilnehmer Tunesien haben die Maximalpunktzahl eingefahren, Teams wie die Elfenbeinküste oder Nigeria führen ihre Gruppen an.

Zum Schluss noch ein Blick ans andere Ende der Welt. In Ozeanien sind noch vier Teams im Spielbetrieb, nur noch zwei haben aber Chancen auf das Play-Off-Ticket gegen den Vierten aus Nordamerika. Die Neuseeländer führen nach vier von sechs Spieltagen ihre Gruppe an, empfangen ihren letzten verbliebenen Verfolger Neukaledonien noch zu Hause, sieht also gut aus für die All Whites. Die Salomonen und Tahiti haben auch rechnerisch keine Chance mehr. Irgendwie schade... da Tahiti aber irgendwann mal Neuseeland bei der Kontinentalmeisterschaft geschlagen hat, sehen wir diese Truppe im kommenden Jahr beim Confederations-Cup. Irre...

Soweit ein Blick auf die WM-Qualifikation, die am 22. und 26.03.2013 mit dem nächsten Doppelspieltag fortgesetzt wird.

27.09.2012

Ryder Cup 2012 - Linksammlung

Bevor ich alles per E-Mail schicke, gibt's die Links einfach hier..

Ein Blick auf die Ladies gefällig? Möglich macht's der traditionelle Galaabend der Spieler am Mittwoch Abend.

Vorher wurde am Dienstag und Mittwoch eifrig trainiert, potentielle Pärchen getestet und... fleißig Autogramme geschrieben.

Ausgetragen wird der Ryder Cup im Medinah Country Club im Nordwesten Chicagos. Dort ließen sich am Montag beim Celebrity Scramble auch eine Menge Stars blicken.

Und hier gibts 13 Geschichten über das europäische Team.

Alle Links bisher stammen von www.golf.de, da lohnt sich in den nächsten Tagen auf jeden Fall immer mal ein Blick drauf.

Der Linksgolfer liefert zwei schöne Artikel über das Merchandising beim Ryder Cup und über ein paar heftige Griffe ins Klo, was das Outfit der Teams angeht.

Eine Menge zu lesen gibt es auch im Golf-Bereich von Welt Online, unter anderem über DIE europäische Ryder-Cup-Legende Severiano Ballesteros und wie das europäische Team beim ersten Ryder Cup ohne Seve ihm zu Ehren gewinnen möchte. Außerdem gibts ein Interview mit Bernhard Langer
Alles weitere findet ihr auf der Golf-Startseite der Welt.

spox.com bestätigt leider den Trend, dass man den Golf-Bereich mit Ausnahme der Par-10 in den letzten Monaten sehr zurückgefahren hat. Immerhin gibts ein Interview mit Martin Kaymer, wo er unter anderem erzählt, wie Seve Ballesteros das Team 2010 telefonisch auf die Mission Sieg eingeschworen hat. Mal sehen, ob der grandiose Florian Regelmann zum Ryder Cup einen Live-Ticker anbietet. Zum Ryder Cup 2010 lief der parallel und es war mehr als grandios.

Das soll an Lesematerial erstmal genügen, ab morgen Nachmittag muss ja dann hauptsächlich auf den Platz geschaut werden.

25.09.2012

Vorschau auf den Ryder Cup 2012



Ein neuer Beitrag hier?! Da muss doch ein großes Golf-Event anstehen! ;-)

11,4 Millionen Dollar hat Brandt Snedeker am vergangenen Wochenende gewonnen – der FedEx-Cup machts möglich. Auch Rory und Tiger, die die Saisonwertung der PGA-Tour auf Platz 2 und 3 beendeten, müssen dank drei bzw. zwei Millionen Dollar Bonus-Preisgeld ebenso wenig am Hungertuch nagen, wie ihre 27 Mitstreiter, die im East Lake Golf Club zu Atlanta das Finale der amerikanischen Golfsaison bestritten haben. Der Golfboom, der nach der Landung von Tiger Woods auf den Golfplätzen unseres Planeten Mitte der 90er Jahre einsetzte, ist nirgendwo deutlicher erkennbar als an den Zahlen, die auf die Preisgeldschecks der Spieler eingetragen werden. Insofern unterscheidet sich Golf nicht von anderen Sportarten wie Fußball, Basketball, Football oder Eishockey, wo die Gehaltsentwicklung in den letzten zwei Jahrzehnten astronomische, kaum noch nachvollziehbare Ausmaße angenommen hat. Ist es da nicht umso schöner zu wissen, dass die ganze Kohle am kommenden Wochenende aber mal überhaupt keine Rolle spielt. Zumindest im Golfsport. Denn vor den Toren Chicagos treffen sich 24 Superstars um um nichts anderes als Ruhm und Ehre für ihren Heimatkontinent zu kämpfen: it’s Ryder Cup!

Preisgelder, Bonuszahlungen, Geldranglisten, Order of Merit – alles vollkommen Wurscht! Keinen müden Dollar erhalten die Spieler am Wochenende – und dennoch freuen sich die hartgesottenen Profis wie kleine Kinder auf den legendärsten Wettbewerb des Golfsports. Beispiel gefällig? Bubba Watson meinte vor seiner ersten Ryder-Cup-Teilnahme 2010: «Beim Ryder Cup gegen Europa zu spielen ist für mich so wichtig wie mein Vaters Kriegseinsatz in Vietnam». Und so werden 24 Einzelsportler in einer Sportart, bei der die Nationalität sonst kaum eine Rolle spielt, für ein langes Wochenende zu Teamplayern, beim legendären Kampf zwischen der alten und der neuen Welt. Seit 1927 wird der Ryder Cup veranstaltet. Bis in die 70er Jahre war es der Kampf zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich. Weil die Briten in 19 Auflagen aber nur dreimal siegten, durften ab 1973 die Iren das britische Team unterstützen. Doch auch mit den Jungs von der grünen Insel wurde es nicht besser, es setzte drei weitere Niederlagen. Weil Langeweile drohte (und nichts ist für die Vermarktung tödlicher als selbige) wurde aus dem Team „Great Britain & Ireland“ das Team „Europa“. Zwei Spanier, der legendäre und leider viel zu früh verstorbene Seve Ballesteros sowie Antonio Garrido, nahmen 1979 als erste Kontinentaleuropäer am Ryder Cup. Zwar gewannen die Amis wieder, doch die Erweiterung des Teams auf den gesamten Kontinent trug wesentlich zur wachsenden Popularität des Ryder Cups bei. Spieler wie Ballesteros, Bernhard Langer, José María Olazábal, Costantino Rocca oder die besten Skandinavier konnten durch die Erweiterung überhaupt erst teilnehmen und somit das Interesse für den Wettbewerb in ihren Heimatländern wecken. Zudem wurde das vereinte europäische Team so stark, dass es für die erfolgsverwöhnten Amerikaner zu einer ernsthaften Bedrohung wurde. Dreimal schafften es die US-Boys noch, die Europäer im Schach zu halten, doch 1985 wendete sich das Blatt. Nachdem die Amerikaner den Cup 26 Jahre verteidigt hatten, blieb der Pokal erstmals wieder in Europa. Und seit jenem Wochenende im September sind die Europäer das dominierende Team. Von den 13 seitdem ausgetrageneen Matches gewannen die Europäer acht, hinzu kommt ein Unentschieden 1989, mit dem „wir“ den Cup verteidigten. Nur viermal waren die US-Amerikaner seitdem siegreich. Noch besser hört es sich an, wenn man die jüngste Bilanz liest. Sechs der letzten acht bzw. vier der letzten fünf Auflagen gewann Europa. Darunter fallen auch die beiden 18 ½ zu 9 ½ Rekordsiege in den Jahren 2004 und 2006, als wir mit den amerikanischen Golfstars den Boden aufwischten.

Eine Besonderheit beim Ryder Cup ist die Atmosphäre. Während es auf den Golfplätzen weltweit ja eher gediegen zugeht, herrscht beim Ryder Cup Stadionatmosphäre. Die Fans verkleiden und bemalen sich, Fahnen werden geschwenkt, Liedgut zum Besten gegeben. Nicht nur deshalb trifft der aus dem Fußball bekannte Satz „Der Pokal hat seine eigenen Gesetze“ auch beim Ryder Cup voll zu. Anders ist die Schwäche der Amerikaner in den letzten Jahren kaum zu erklären. Der Blick auf die jeweiligen Weltranglistenpositionen zum Zeitpunkt des Turniers stempelt nämlich Amis eigentlich vor jedem Ryder Cup zum „Favoriten auf dem Papier“, übrigens auch in diesem Jahr. Doch mit schöner Regelmäßigkeit befällt die US-Stars beim Ryder-Cup ein seltsamer Fluch. Oder wie ist es zu erklären, dass der größte Golfer der Gegenwart, Tiger Woods, als einer der größten Ryder-Cup-Looser gilt? Woods war zwischen 1997 und 2010 sechsmal Mitglied des US-Teams, fünfmal schlichen Woods&Co. als Verlierer vom Platz, unter anderem bei den beiden oben angesprochenen epischen Niederlagen 2004 und 2006. Und als die Amis 2008 letztmals den Ryder Cup gewannen, war Woods verletzungsbedingt nicht dabei. Für einen Spieler wie Tiger, der die Golfwelt jahrelang beherrschte ist eine Bilanz von 13 Siegen und 14 Niederlagen bei 2 Unentschieden einfach nur erschütternd. Noch schlimmer ist die Statistik von Phil Mickelson. Der US-Publikumsliebling, vierfacher Major-Sieger mit insgesamt 40 PGA-Tour-Siegen, konnte von seinen 34 Ryder-Cup-Matches schlappe elf gewinnen. Ist es aus europäischer Sicht nicht irgendwie beruhigend, dass beide auch in diesem Jahr im US-Team stehen? Und trotzdem schätze ich die Amerikaner (im Gegensatz zu 2010, wo ich die Europäer leicht favorisiert hatte) einen Tick stärker ein als unser Team.

Der oben angesprochene Vergleich der Weltranglistenpositionen fällt eindeutig zu Gunsten der US-Boys aus. Zwar stellen die Europäer mit McIlroy den Weltranglistenersten und mit dem englischen Trio Donald, Westwood, Rose die Nummern drei, vier und fünf im OWGR, die Amerikaner sind aber in der Breite wesentlich stärker. Mit Ausnahme von Jim Furyk befinden sich die Amis ausnahmslos unter den besten 17 der Welt. Der elftbeste Amerikaner (Zach Johnson) liegt also einen Platz vor dem fünftbesten Europäer (Graeme McDowell). Die Hälfte des europäischen Teams ist schlechter platziert als der schwächste Amerikaner (Jim Furyk – 23.) Doch, wie oben schon erwähnt, die Weltrangliste spricht meist für die Amerikaner, die auch davon profitieren, dass sie ausnahmslos auf der für das OWGR wertvolleren PGA Tour spielen.

Neben der Weltrangliste muss auch die aktuelle Form beachtet werden, denn im OWGR spiegeln sich ja die Ergebnisse der vergangenen zwei Jahre wieder. Und wer Anfang 2011 irgendein Turnier gewonnen hat, interessiert ab Freitag in Medinah keine Sau. Die Form ist ein Indikator, weswegen ich mir um unser Team ein paar Sorgen mache. Martin Kaymer hat ein furchtbares Jahr hinter sich, profitierte bei seiner automatischen Qualifikation fürs Team von den starken Ergebnisse am Ende des vergangenen Jahres. 2012 reihte sich Enttäuschung an Enttäuschung, die Umstellung seines Schwungs kostete ihn das Jahr. Seine letzten Turniere vor dem Ryder Cup in den Niederlanden und Italien machen zwar etwas Hoffnung auf Besserung, dennoch ist Kaymer nüchtern betrachtet ein Schwachpunkt im Team. Aber wie war das mit dem Pokal und den Gesetzen. Sollen die Amis Kaymer ruhig mal unterschätzen. Zurück zur Form. Auch Lee Westwood spielte ein ziemlich schwankendes Jahr, seine Performance reichte von einem dritten Platz beim Masters bis zum verpassten Cut bei der PGA Championship. Drei starken Play-Off-Turnieren im FedExCup folgte ein katastrophales Wochenende bei der Tour-Championship, die er auf dem letzten Platz abschloss. Bei den Amerikanern war Phil Mickelson so etwas wie ein Sorgenkind, bis er in den FedExCup-Play-Offs plötzlich wieder auftauchte.

Abschließend noch ein Wort zur Erfahrung. Die spricht eher für die Europäer, die mit dem Belgier Nicolas Colsaerts nur einen Frischling im Team haben. Im Gegensatz dazu haben die Amerikaner vier Rookies im Team. Insgesamt kommen die europäischen Spieler auf 26 Ryder-Cup-Teilnahmnen und 18 Ryder-Cup-Siege, die Amerikaner auf 28 Teilnahmen (wovon aber 21 auf Woods, Mickelson und Furyk entfallen) bei nur 6 (!) Siegen.

Einige Namen sind ja nun schon gefallen, schauen wir uns die Teams und Spieler im Einzelnen an. Die beiden Kapitäne, die selbst übrigens nicht spielen, Davis Love III bei den Amerikanern und der Spanier José Maria Olazábal bei den Europäern, nominieren zwölf Spieler. Wobei das Wort „nominieren“ eigentlich etwas falsch ist, weil sich acht (USA) bzw. zehn (Europa) Spieler über die Ryder-Cup-Punkteliste direkt für das jeweilige Team qualifizieren, ohne das der Kapitän hier etwas ändern kann. Love III und Olazábal haben dann aber noch vier bzw. zwei sogenannte Captains Picks, sie füllen also ihre Teams unabhängig von Ranglisten auf zwölf Spieler auf. Die Kapitäne müssen also anhand von verschiedenen Kriterien (Erfahrung, aktuelle Form, Fähigkeiten einzelner Spieler) Wild Cards an einzelne Spieler verteilen, die aus diversen Gründen (z. B. Verletzungen) über die Punkterangliste nicht qualifiziert sind.

Blicken wir zunächst auf die Amerikaner:

Tiger Woods (6 Teilnahmen: 1997, 1999*, 2002, 2004, 2006, 2010)

Der Tiger spielte ein starkes Jahr, meldete sich mit drei Siegen eindrucksvoll zurück, der Name Elin Nordegren spielt bei Golfübertragungen keine Rolle mehr. Aber, ganz der Alte ist er (noch) nicht, die Putts fallen nicht mehr so automatisch wie früher, die Dominanz ist dahin. Dazu kommt seine oben angesprochene Ryder-Cup-Phobie. Und… Woods ist alles andere als ein Team-Player.

Bubba Watson (1 Teilnahme: 2010)

Bubba hatte ein sensationelles Frühjahr, das er mit dem Masters-Sieg krönte. Zuletzt eine starke Tour-Championship (T 5) und ein paar Platzierungen im Dunstkreis der Top Ten. Sicherlich einer der Publikumslieblinge in Medinah. Für Longhitter Watson lässt Love III das Rough kurz mähen. Feuer frei, Bubba!

Jason Dufner (Rookie)

In den vergangenen Jahren wäre Dufner’s Nominierung eine Freude fürs europäische Team gewesen, denn der 35-jährige hatte den Ruf eines nervenschwachen Langweilers. 2012 holte er aber seine ersten beiden Siege und bewies, dass er da sein kann, wenn es drauf ankommt. In der zweiten Jahreshälfte wieder eher diskret, aus meiner Sicht eine Schwachstelle im US-Team, die hitzige Atmosphäre dürfte sein Ding nicht sein.

Keegan Bradley (Rookie)

Der Mann des Jahres 2011, als er als Rookie auf der PGA-Tour bei der PGA-Championship gleich ein Major gewann. Hatte 2012 einen starken Jahresbeginn und einen sensationellen August, als ihm Furyk den Sieg bei der Bridgestone schenkte und er Dritter bei der PGA Championship wurde. In den Play-Offs aber mit mehr Schatten als Licht.

Webb Simpson (Rookie)

Legte nach seinem US Open-Triumph eine Babypause ein, als er zum zweiten Mal Vater wurde. Wurde in Atlanta am Sonntag aber Fünfter, Simspon scheint auf dem Punkt in Topform zu sein. Einer der hoffnungsvollsten US-Golfer seiner Generation.

Zach Johnson (2 Teilnahmen: 2006 2010)

Zwei Siege, zwei zweite Plätze, ein starkes Jahr für Johnson, der auch schon zweimal am Ryder Cup teilnahm, aber ausgerechnet beim Sieg 2008 fehlte. Dennoch einer der wenigen im US-Team, der keine negative persönliche Ryder Cup-Bilanz hat (3 Siege, 3 Niederlagen, 1 Unentschieden).

Matt Kuchar (1 Teilnahme: 2010)

Kuchar ist Mr. Zuverlässig. Regelmäßig vorne mit dabei, Ausreißer nach unten leistet er sich selten, dazu feierte er bei der Players Championship einen sehr bedeutenden Sieg.

Phil Mickelson (8 Teilnahmen: 1995 1997 1999* 2002 2004 2006 2008* 2010)

Der erfahrenste Ryder Cup-Spieler der Amerikaner. Hat aber eine noch schwächere Bilanz als Woods. Begann 2012 gut (Sieg in Pebble Beach), brach dann völlig zusammen, in den Play-Offs wieder stärker. Gilt als Intimfeind von Tiger Woods. Legendär, als der damalige US-Kapitän die beiden 2004 zusammen spielen ließ und sie während der Runde kein Wort miteinander wechselten.

Dustin Johnson ** (1 Teilnahme: 2010)

Der Longhitter ist unfaßbar gut in Form, beendete alle vier Play-Off-Turniere unter den Top Ten. Fehlte im Frühjahr mehrere Wochen verletzungsbedingt, sonst wäre er automatisch dabei gewesen. Vernichtete Kaymer 2010 im Einzel mit 6 & 4.

Jim Furyk ** (7 Teilnahmen: 1997 1999* 2002 2004 2006 2008* 2010)

Der 42-jähige könnte so etwas wie die spielende rechte Hand von Kapitän Love III sein. Einziger US-Spieler ohne Sieg 2012, aber unheimlich wichtig als erfahrene Führungsfigur für die vielen Rookies.

Steve Stricker ** (2 Teilnahmen: 2008* 2010)

Der Senior des Teams (45 Jahre) gilt als potentieller Partner für den zickigen Woods in den Vierern. Bei ihm könnte man leicht denken, dass er ein altes Ryder-Cup-Schlachtross ist, wird aber erst zum dritten Mal abschlagen. Gewann 2012 das allererste Turnier auf Hawaii, danach eher ein durchwachsenes Jahr.

Brandt Snedeker ** (Rookie)

Überlegt grad, wofür er die 11,4 Millionen Dollar ausgibt, die er am Sonntag gewonnen hat. Ist in Bombenform, auf den Grüns momentan der beste Spieler der Welt. Könnte mit Longhitter Bubba ein sich sensationell ergänzendes Duo bilden. Wenn man ihn aktuell spielen sind, kann man nicht glauben, dass er erstmals dabei ist.

Und nun zu den Gästen aus Europa:

Rory McIlroy, Nordirland (1 Teilnahme: 2010*)

Der aktuell beste Golfer des Planeten. Einem starken Frühjahr (Sieg Arnold Palmer Invitationl, vier weitere Top-5-Ergebnisse folgte ein Loch mit verpassten Cuts bei der Players, in Wentworth und den US Open sowie einem 60. Platz bei der Open. Kam aber mit zwei Play-Off-Siegen und dem Triumph bei der PGA-Championship in einem sensationellen Spätsommer stärker denn je zurück.

Justin Rose, England (1 Teilnahme: 2008)

Neben Lawrie und Rookie Colsaerts der einzige Europäer, der den Ryder Cup noch nicht gewonnen hat. Spielte mit seinem Sieg bei der Cadillac, als Zweiter des FedEx-Cups und zwei Top-Tens bei Majors ein gutes Jahr, holte 2008 mit Poulter zwei Punkte.

Graeme McDowell, Nordirland (2 Teilnahmen: 2008 2010*)

Gewann 2010 in Wales das siegbringende Einzel für Europa. In diesem Jahr bei allen Majors mindestens 12., blieb 2012 aber ohne Sieg. Logischer Partner für seinen Landsmann McIlroy in den Vierern.

Francesco Molinari, Italien (1 Teilnahme: 2010*)

War 2010 noch gemeinsam mit seinem Bruder Edoardo in Wales dabei. Gewann in Spanien, wurde zweiter in Schottland. Eines der Aushängeschilder der European Tour, sehr konstanter Spieler ohne große Ausreißer nach oben und unten.

Paul Lawrie, Schottland (1 Teilnahme: 1999)

Unser ältester Spieler war erst einmal beim Ryder Cup dabei. Starke persönliche Bilanz (3-1-1), den Cup holten 1999 aber die Amis. Ist gut in Form, gewann Ende August in Gleneagles, hatte ein starkes Frühjahr.

Luke Donald, England (3 Teilnahmen: 2004* 2006* 2010*)

Der einzige der 24 Spieler, der ein echtes Heimspiel hat. Denn der Engländer wohnt seit 15 Jahren in Chicago, ist mit einer Einheimischen verheiratet und könnte während des Turniers theoretisch im eigenen Bett übernachten. Zudem die eingebaute Sieggarentie für Europa, bei der Niederlage 2008 fehlte er. Gewann acht seiner elf Ryder-Cup-Matches, vermöbelte 2010 gemeinsam mit Landsmann Poulter Woods und Stricker. Gewann im Frühjahr zwei wichtige Turniere (Wentworth, Transitions). Europa braucht Donald in Ryder-Cup-Gala-Form, seine Schlussrunde am Sonntag in Atlanta macht Mut.

Lee Westwood, England (7 Teilnahmen: 1997*, 1999, 2002*, 2004*, 2006*, 2008, 2010*)

Der mit Abstand erfahrenste Europäer, könnte eine ähnliche Rolle wie Furyk bei dem Amis einnehmen. Ist zwar immer noch Weltranglistenvierter, je länger das Jahr dauerte, umso schlechter wurde Westwood. Kehrte daraufhin mit dem eisernen Besen durch sein sportliches Umfeld, spielte gute Play-Offs (2., 5., 13.), um aber in Atlanta letztes Wochenende wieder vollkommen einzubrechen.

Peter Hanson, Schweden (1 Teilnahme: 2010*)

Viele Schweden tummeln sich in der Spitze der PGA-Tour (Karlsson, Pettersson, Stenson),  doch beim Ryder Cup ist nur Hanson dabei. Hatte ein starkes Frühjahr und unterstrich seine gute Form mit dem Sieg in Hilversum vor drei Wochen. Der solide, aber unauffällige Hanson ist sicher einer der Gründe, warum die Amis uns immer wieder unterschätzen.

Sergio Garcia, Spanien (5 Teilnahmen: 1999 2002* 2004* 2006* 2008)

Der Spanier fehlte 2010 beim Triumph in Wales, verfügt aber trotz seiner erst 32 Jahre über immense Ryder-Cup-Erfahrung. War 1999 im Alter von 19 (!) Jahren im Team, hat eine unglaublich positive Bilanz (14-6-4) und ist, obwohl fast nur auf der PGA-Tour spielend, neben Poulter sicher der heißeste Europäer.

Martin Kaymer, Deutschland (1 Teilnahme: 2010*)

Steht von allen Europäern sicher am meisten unter Druck, hatte ein ganz schwaches Jahr 2012, die Punkte aus 2011 retteten ihm die automatische Qualifikation, hätte von Olazábal in keinem Fall eine Wild Card bekommen. Konnte beim Ryder Cup 2010, als er bärenstark in Form war (PGA Championship, KLM Open, Alfred Dunhill), nicht restlos überzeugen, erlitt eine derbe Einzelniederlage und ließ sich in den Vierern von seinen Partnern mitziehen.

Ian Poulter **, England (3 Teilnahmen: 2004* 2008 2010*)

Niemand wird am Wochenende heißer sein als Poulter. Er liebt den Ryder Cup, er liebt es, für Europa abzuschlagen, er wird es lieben, dass in Medinah alle gegen ihn (und die Europäer) sind.  Dass er eine der beiden Wild Cards bekommt, war deshalb so sicher wie das Amen in der Kirche, die durchwachsenen Ergebnisse von 2012 waren und sind Nebensache.

Nicolas Colsaerts **, Belgien (Rookie)

Der erste Belgier, der am Ryder-Cup teilnammt, ist der einzige Rookie der Europäer. Ist aber schon über ein Jahrzehnt Profi, bewies mit seinem Sieg bei der Volvo Match Play Championship, dass er auch im Lochwettspiel stark ist. Dennoch, denkt man an Colsaerts, denkt man an endlos lange Abschläge, der 29-jährige ist DER Longhitter in Europa.


Gespielt wird im Medinah Country Club vor den Toren Chicagos. Der Ryder Cup gastiert zum ersten Mal im Bundesstaat Illinois. In dem 1924 eröffneten Privatclub wurden fünf Major Championships ausgetragen, zuletzt die PGA Championship 2006. Der „Course 3“, auf dem der Ryder Cup ausgetragen wird, ist ein 7.657 Yards (7.002 Meter) langer Par-72-Kurs.

Soweit meine Ryder-Cup-Vorschau. Ich selbst freue mich sehr auf den Grundkurs am Wochenende in Mühlberg, es ist sicherlich nicht der erste (bzw. zweite) Schritt ins europäische Ryder-Cup-Team, aber wenn ich zwei Jahre, an den Ryder Cup in Wales, zurückdenke, ist es doch bemerkenswert, dass mein Interesse am Golf so weit gewachsen ist, dass ich mittlerweile selbst auf dem Platz stehe. Auf ein schönes Ryder Cup-Wochenende inclusive Grundkurs mit Christian (und Christian?).

* = Sieg
** = Captain's Pick

08.08.2012

London? South Carolina!


Nach meinem frühkindlichen Trauma während der Eröffnungsfeier der Winterspiele 1988 in Calgary, habe ich seit 1992 mit der für mich gewohnten und für Außenstehende schwer nachvollziehbaren Intensität sämtliche Olympische Spiele verfolgt. Doch ausgerechnet jetzt, wo ich in London 2012 mein olympischen Dutzend vollmache, schwächel ich etwas. Wenn am Sonntag das olympische Feuer in der britischen Hauptstadt erlischt, werde ich wohl, was olympische TV-Stunden angeht, einen neuen Minusrekord aufstellen. Oder anders gesagt: ich bin auch nicht besser als die deutschen Schwimmer oder Schützen.

Und meine angestrebte mediale Aufholjagd wird am kommenden Wochenende zusätzlich erschwert: denn bei der PGA Championship trifft sich in South Carolina die gesamte Golf-Weltelite zum vierten und letzten Major-Turnier des Jahres. Grandios!

Ermittelt wird der PGA-Champion 2012 auf dem Ocean Course des Kiawah Island Golf Resort. Das Resort wurde 1974 eröffnet, der Ocean Course im Jahre 1991. Der von Pete Dye designete Kurs wurde extra für den Ryder Cup 1991 angelegt und ist heute einer der schönsten Golfplätze der Welt. Vor kurzem lief eine Reportage über Golfplätze in South Carolina und ich war von der Schönheit der Plätze dort im allgemeinen und von Kiawah Island im speziellen schwer beeindruckt. Der Platz ist kein typisch amerikanischer Parkland-Course, sondern erinnert eher an einen europäischen Links-Kurs. Er liegt direkt an der Atlantik-Küste, der Wind kann ungehindert über die Spielbahnen fegen und die Bälle aus den Fairways hinaus ins Rough oder das Sumpfgras wehen. Der Platz, auf dem die PGA Championship zum allerersten Mal ausgetragen wird, dürfte also für spektakuläre und traumhaft schöne Bilder sorgen. Gleichzeitig eröffnet er mit seinem Links-Charakter für die europäischen Spieler gute Möglichkeiten.

Und gerade die Europäer hätten es bitter nötig. Nicht nur das die US-Amerikaner 77 der 92 seit 1916 ausgetragenen Turniere gewannen, von den 15 nicht-amerikanischen Siegern kamen nur vier aus Europa. Bemerkenswert: die ersten beiden PGA-Titel sicherte sich der Engländer Jim Barnes 1916 und 1919 (1917 und 1918 fand das Turnier wegen des 1. Weltkriegs nicht statt), erst 1920 begannen die Amerikaner ihre unglaubliche Erfolgsgeschichte. Nach Barnes dauerte es dann schlappe 89 (!) Jahre bis mit dem Iren Padraig Harrington 2008 der nächste Europäer die PGA Championship gewann. Und 2010 folgte mit Martin Kaymer der erste deutsche (und kontinentaleuropäische) Turniersieger. Und der Sieg 2010 kann trotz Kaymers Formkrise durchaus als gutes Omen betrachtet werden: 2010 in Whistling Straits gab es ebenfalls viel Sand, viel Wasser, viel Wind… sprich einen Links-Kurs, der übrigens ebenfalls von Pete Dye entworfen wurde. Und seinen Caddie von damals hat Kaymer vor kurzem ja auch wieder unter Vertrag genommen.

Rekordsieger des Turniers sind – natürlich – zwei US-Amerikaner, die Golf-Legenden Walter Hagen und Jack Nicklaus, die zwischen 1921 und 1927 bzw. 1963 und 1980 jeweils fünf Siege einfahren konnten. Sollte Tiger Woods in South Carolina siegen, würde er mit dann ebenfalls fünf PGA-Titeln zu den beiden aufschließen.

Wie eingangs schon beschrieben, ist die gesamte Weltelite des Golfsports in Kiawah Island am Start, darunter mit Martin Kaymer und Marcel Siem zwei Deutsche. Und auch Webb Simpson, der US Open-Champion und derzeitige Weltranglisten-Fünfte mischt nach seiner „Babypause“ bei der Open Championship wieder mit. Freuen wir uns also zwischen Synchronschwimmen, Leichtathletik und Taekwondo auf fantastisches Golf auf einem traumhaften Platz.

PS: Ein ganz persönliches Fazit zu den eingangs erwähnten Spielen in London gibt’s nächste Woche.

18.07.2012

Das ABC zur Open Championship


Morgen beginnt die Open Championship, das älteste Golfturnier der Welt. Es ist das dritte Major-Turnier das Jahres und DAS Wochenende für alle europäischen Golfanhänger. Ich habe mal ein ABC zur Open zusammengestellt, ohne dabei einen Anspruch auf Vollständigkeit zu haben. Viel Spaß!

Arnaud Massy

1907 trug sich mit dem Franzosen erstmals ein Nicht-Brite in die Siegerliste der Open Championship ein. Er beendete die 47-jährige Serie der Spieler aus England, Schottland und von den Kanalinseln. Bis zum Sieg des unvergessenen Spaniers Seve Ballesteros 1979 blieb er für sage und schreibe 72 Jahre auch der einzige Kontinentaleuropäer, der die Open gewinnen konnte. Übrigens: nach Ballesteros (der sich 1984 und 1988 zwei weitere Open-Titel sicherte) gewann auch nie wieder ein anderer Kontinentaleuropäer. Also, auf geht’s ihr Kaymers, Siems, Molinaris…

Britisches Pfund

…gibt es (mittlerweile) reichlich zu verdienen bei der Open Championship. Wie im letzten Jahr erhält der Sieger 900.000 £, umgerechnet etwa 1,15 Millionen Euro. Insgesamt sind die Open 2012 mit 5 Millionen Pfund (6,37 Millionen Euro) dotiert. Das Preisgeld hat in den letzten Jahren mächtig angezogen, noch 1991 bekam der Sieger, der Australier Ian Baker-Finch, „nur“ 90.000 £, also gerade mal ein Zehntel von dem was es dieses Jahr zu verdienen gibt. Blickt man noch weiter zurück, muss man über die Preisgelder fast schmunzeln. Bei den ersten vier Ausgaben gab es überhaupt nichts zu verdienen, 1864 strich Old Tom Morris für seinen Sieg dann sagenhafte 6 (in Worten: sechs) Pfund ein. 1876 wurde der Betrag auf 10 Pfund erhöht, ab 1927 gab es mit 100 Pfund erstmals einen dreistelligen Betrag, 1955 erhielt der Champion 1.000 Pfund und erst 1977 in Turnberry wurde es fünfstellig (10.000 Pfund). Über das erste sechsstellige Preisgeld freute sich Greg Norman 1993 (100.000 Pfund).

Claret Jug

Seit 1873 erhält der Sieger der Open Championship „The Golf Champion Trophy“, umgangssprachlich „Claret Jug“ genannt. Der vor 1873 an den Sieger überreichte Championship Belt war nach seinem dritten Sieg in Folge in den Besitz von Young Tom Morris übergegangen.


Deutsche Teilnehmer

Zwei Deutsche haben sich für die Open Championship 2012 qualifiziert (siehe auch „Q“). Martin Kaymer und Marcel Siem. Während Kaymer’s Teilnahme nie in Frage stand, konnte sich Marcel Siem erst letzte Woche über Kriterium 11, als Sieger der Open de France qualifizieren. Kaymer schaffte es gleich über drei Kategorien (Top 50 der Welt, Top 30 im Race to Dubai, PGA-Championship-Gewinner 2010) ins Open-Feld.

Für Kaymer ist es der fünfte Auftritt bei der Open, er hat bisher immer den Cut geschafft, 2010, einen Monat vor seinem Sieg bei der PGA-Championship, schaffte er als geteilter Siebter sein bisher bestes Open-Ergebnis, letztes Jahre wurde er geteilter Zwölfter.

Marcel Siem geht zum zweiten Mal bei der Open an den Abschlag. 2010, als er erstmals überhaupt an einem Major-Turnier teilnahm, belegte er einen respektablen 27. Platz.

Einen deutschen Sieger hat es bei der Open Championship noch nie gegeben (siehe auch „A“ – Kontinentaleuropäer), Bernhard Langer war viermal sehr nahe dran, 1981 und 1984 wurde er Zweiter, 1985 und 1986 jeweils Dritter.


Erster Majorsieg

Im April 1986 gewann Jack Nicklaus beim Masters in Augusta seinen 18. Major-Titel. Absoluter Rekord. Im Juni 2008 gewann Tiger Woods die US Open – sein 14. Major-Titel. Doch auch die beiden erfolgreichsten Spieler bei den vier Major-Turnieren hatten einmal ihr „erstes Mal“: Nicklaus 1962 bei den US Open, Tiger Woods 1997 beim Masters. Schaut man sich die Siegerliste der Majors an, fällt auf, dass die letzten neun Gewinner der Major-Turniere alle ihr „erstes Mal“ gefeiert haben. Angefangen hat die Serie beim Nordiren Graeme McDowell (US Open 2010) und endete (vorläufig) bei Webb Simpson (US Open 2012). Seit über zwei Jahren hat also kein Spieler mehr ein Major gewonnen, der schon einen (oder mehrere) Major-Titel sein eigen nennt. Geht diese Serie weiter, gucken Top-Stars wie Tiger Woods, Rory McIlroy oder Phil Mickelson aber auch Martin Kaymer in die Röhre. Immerhin macht die Serie andererseits Superstars wie Lee Westwood oder Luke Donald Hoffnung, die seit Jahren in der absoluten Golf-Weltspitze mitspielen, aber auch genauso lange ihrem ersten Major-Titel hinterherlaufen.

Übrigens: seit es vier Major-Turniere gibt (1934) gab es eine solch lange Serie mit „First Champions“ noch nie.

Favoriten

Favoriten zu benennen ist schwer, sehr schwer. Im Gegensatz zum Tennis, wo man zur Zeit fast sicher davon ausgehen kann, dass Federer, Nadal oder Djokovic die Grand-Slam-Titel unter sich aus machen, gibt es für die anstehenden Open mehrere Dutzend Spieler, denen man realistische Siegchancen einräumen muss. Das Leistungsdichte im Golf ist so unglaublich hoch, dass selbst Spieler die weit jenseits der Top 50 liegen nicht außer Acht gelassen werden dürfen.

Bei den Amerikanern muss man zudem immer überlegen, wie sie mit den europäischen Bedingungen, insbesondere dem Klima, zu Recht kommen. Viele der US-Profis reisen auf der PGA-Tour fast die ganze Saison der Sonne und den Temperaturen um die 30 Grad nach. Auf der Insel müssen Woods & Co. froh sein, wenn am Wochenende die 20-Grad-Marke geknackt wird.

Die üblichen Verdächtigen sind natürlich wieder im Favoritenkreis vertreten, vielleicht schaffen es Westwood und Donald ja zu Hause, ihren Major-Fluch zu besiegen. Ich glaube zum Masters hatte ich ein paar Worte zur englischen Major-Durststrecke geschrieben. Rory McIlroy spielt zur Zeit eher diskret, auch Martin Kaymer ist nicht sonderlich in Form. Aber schon oft mussten wir bei Major-Turnieren erleben, dass Vorleistungen nicht sonderlich zählen. Ich hoffe, dass die Claret Jug in Europa bleibt. Die Amerikaner haben die drei letzten Majors gewonnen (Keegan Bradley, Bubba Watson, Webb Simpson), der Open-Titel ist der letzte, der sich noch in europäischer Hand befindet (siehe „T“).

Bei den US-Boys spielt Tiger Woods eine ziemlich starke Saison, er hat schon drei Titel eingefahren, aber ausgerechnet bei den beiden bisherigen Majors 2012 ziemlich mies gespielt. In einem Interview adelte Tiger die Open als sein Lieblings-Major, er liebt die vielen Faktoren (Wind, Wetter, Links-Platz), die den Ausgang so unvorhersehbar machen. Und wenn Tiger schon nicht weiß, wer gewinnt, wie soll ich das dann tun.


Golfplätze

Die Open Championship wird zur Zeit auf neun verschiedenen Kursen ausgetragen, fünf befinden sich in Schottland und vier in England. Auf fünf weiteren Kursen wurde die Open in der Vergangenheit ausgetragen, mittlerweile befinden sich diese aus unterschiedlichen Gründen aber nicht mehr in der Rotation. Zu diesen fünf Kursen zählt auch der Royal Portrush Golf Club in Nordirland. Auf ihm fand 1951 die einzige Open Championship außerhalb von England oder Schottland statt. Vor wenigen Wochen wurden auf dem Platz die Irish Open ausgetragen.

Padraig Harrington

Harrington ist der einzige Ire, der die Open bisher gewinnen konnte. In den Jahren 2007 und 2008 feierte er einen Doppelsieg. Besonders bemerkenswert an seinem ersten Erfolg 2007 war und ist, dass er damit eine acht Jahre andauernde Durststrecke europäischer Golfer bei Major-Turnieren beendete. Der letzte Golfer vom alten Kontinent, der vor Harrington ein Major gewonnen hatte, war der Schotte Paul Lawrie 1999, ebenfalls bei der Open. In den acht Jahren zwischen Lawrie und Harrington waren die Major-Titel in die USA, nach Kanada, Südafrika, Australien und auf die Fidschi-Inseln gegangen.

John Ball

30 Jahre dauerte es, bis 1890 John Ball, seines Zeichens Engländer, als erster Nicht-Schotte die Open Championship gewinnen konnte. Zuvor waren die Bravehearts 29mal in Folge ungeschlagen geblieben.

Willie ParK Senior

Okay, beim „K“ hab ich ein bißchen schummeln müssen, aber einerseits wollte ich den ersten Sieger der Open unbedingt noch unterbringen und zum anderen habe ich nichts anderes gefunden, was man unter diesem schönen Buchstaben vorstellen kann.

Also, Willie Sr. gewann die allerersten Open 1860 zwei Schläge vor Old Tom Morris (siehe „M“). 1863, 1866 und 1875 sicherte sich der Schotte drei weitere Open-Titel und gehört mit insgesamt vier Siegen zu den Top Ten der ewigen Open-Rangliste. Sein Bruder Mungo gewann übrigens die Open 1874, sein Sohn Willie Jr. die Ausgaben 1887 und 1889. Alles Fakten, die die Aufnahme von Willie Park Sr. in mein Open-Alphabet doch mehr als rechtfertigen, oder?

Links

Links sind eine besondere Art von Golfplätzen, die sich auf sogenanntem Linksland, der Dünenlandschaft, die das Meer mit dem fruchtbaren Ackerland verbindet, befindet. Die Open Championship werden traditionell auf einem Links-Platz (siehe „G“) ausgetragen.

Auf Links-Plätzen findet man so gut wie keine Bäume, sondern meist nur kargen Bewuchs, maximal Sträucher. Nässe kann Links-Plätzen nur wenig anhaben, die kargen Sandböden drainieren das Wasser sehr gut, so dass auch bei schlechtem Wetter, wo sich auf normalen Plätzen mit Lehmböden oft Matsch bildet, gut gespielt werden kann. Charakteristisch für Links-Plätze ist ihre Naturbelassenheit, Unregelmäßigkeiten und Wellen werden im Gelände meist belassen, das Zielgebiet ist zwischen den Dünen oft schwer bis gar nicht einsehbar.

Wesentlich beeinflusst wird das Spiel auf Links-Plätzen von starken und wechselnden Winden, die durch den harten Sandboden schnellen Fairways, die Bälle schnell verspringen lassen und gefährliche Sandbunker, die auf Linksplätzen als sog. Topfbunker oft sehr tief sind.


Morris

Kein anderer Name spielt eine größere Rolle in der Open Geschichte als Morris – es ist DER Name des Turniers. Die Gründe liegen auf der Hand: Old Tom Morris designte den Prestwick Golf Club (siehe „P“), er gewann viermal das Turnier und ist seit 1867, als er im Alter von 46 Jahren und 99 Tagen die Open gewann, der älteste Sieger aller Zeiten. Nur ein Jahr später, 1868, gewann sein Sohn Young Tom Morris im Alter von 17 Jahren und 181 Tagen als bis heute jüngster Champion aller Zeiten das Turnier. Er ließ 1869, 1870 und 1872 drei weitere Titel folgen und ist bis heute der einzige Golfer, der die Open viermal in Folge gewinnen konnte (1871 fanden keine Open statt). Young Tom hätte seine Serie vermutlich noch fortgesetzt, wäre er nicht am Heiligabend 1875 im Alter von nur 24 Jahren verstorben. Nur wenige Wochen zuvor waren seine Frau und ihr neugeborenes Baby gestorben, ein Verlust den Young Tom nicht verkraften konnte.

Name

Viele Golfturniere wechseln aus finanziellen Gründen ihre Namen. Ein Titelsponsor zahlt einen satten Betrag und verlangt als Gegenleistung, das Turnier nach ihm bzw. der entsprechenden Firma zu benennen. Das hat teilweise kuriose Folgen. Beispiele gefällig? So finden die „Zurich Classics“ mitnichten in der Schweizer Finanzmetropole statt sondern in New Orleans, werden aber vom gleichnamigen Versicherungskonzern gesponsert. Den Rekord für den längsten Namen auf der PGA-Tour hält die Justin Timberlake Shriners Hospitals for Children Open, früher einfach bekannt als Las Vegas Invitational.

Bei der Open Championship ist es viel einfacher. Eigentlich. Denn in Amerika ist das Turnier unter den Namen „British Open“ wesentlich bekannter. Selbst in den Einblendungen der TV-Rechte-Inhaber wird das Turnier mit dem eigentlich falschen Namen bezeichnet. Ausgerechnet die Amerikaner, bei denen manche Turniere also wie oben festgestellt mehr als alberne Bezeichnungen haben, hängen der Open ihre Herkunft an.

Als das Turnier im 19. Jahrhundert gegründet wurde, war der geographische Zusatz nicht nötig, denn außerhalb Großbritanniens waren Golfturniere dieser Größe weitgehend unbekannt, so dass die Briten für sich in Anspruch nahmen, DIE Open Championship auszutragen. Das „Open“ bezieht sich übrigens nicht auf die Öffnung des Turniers für nicht britische Spieler, sondern darauf dass die Open offen für Profis und Amateure sind.

Old Course

Auf dem Old Course im schottischen St. Andrews fand 1873 zum ersten Mal eine Open Championship nicht im Prestwick Golf Club (siehe „P“) statt. Das sogenannte „Home of Golf“, wo vermutlich bereits im 15. Jahrhundert Golf gespielt wurde, ist mit mittlerweile 28 Austragungen der Rekordausrichter der Open, seit 1990 finden die Open alle fünf Jahre auf dem wohl berühmtesten Platz der Welt an der schottischen Nordseeküste statt, das nächste Mal also im Jahr 2015.

Prestwick Golf Club

Der Klub befindet sich südlich von Glasgow und war der Austragungsort der ersten Open Championship im Jahre 1860. Insgesamt fand das Turnier dort 24-mal statt, zuletzt 1925. Heute ist der Kurs nicht mehr in der Rotation der Austragungsorte. Für die heute üblichen großen Zuschauermassen ist er auf Grund seines engen Layouts nicht mehr geeignet, einige Löcher liegen sogar jenseits einer Bahnstrecke.

Qualifikation

Es gibt mehr als dreißig verschiedene Kriterien, um sich für die Open zu qualifizieren. Ehemalige Open-Sieger, alle Major-Sieger der letzten fünf Jahre, jeweils die Top 30 der letztjährigen PGA- und European Tour, die Top 50 der Weltrangliste – aber auch amtierende Senioren- und Amateurchampions, Gewinner der Geldranglisten kleinerer Touren sowie nationale wie internationale Qualifikanten.

Knapp 160 Golfer sind alljährlich für die Open qualifiziert, ein erlesenes Feld und viele der Topstars der nordamerikanischen PGA-Tour kommen nur einmal im Jahr nach Europa: für die Open. Ansonsten meiden sie den alten Kontinent, das Wetter in den Staaten ist besser, das Preisgeld ist höher, Heimat und Familien sind näher. Wenn also Europa nicht gerade Gastgeber für den Ryder Cup, ist die Open oft die einzige Möglichkeit des Jahres, Tiger Woods & Co. mal „um die Ecke“ spielen zu sehen.

Royal Lytham & St Annes Golf Club

Seit 1926 einer der Kurse auf dem die Open Championship ausgetragen wird. In diesem Jahr zum elften Mal Gastgeber des Turniers. Die letzten beiden Ausgaben 1996 und 2001 gewannen jeweils Amerikaner. Der Kurs liegt im Nordwesten Englands südlich von Blackpool in der Grafschaft Lancashire. Es ist ein sogenannter „True Links Course“, liegt allerdings nicht direkt an der Küste der Irischen See, sondern ist durch einige Häuser, Straßen und eine Bahnlinie von dieser getrennt. Dennoch spielt der von der See wehende Wind eine Rolle auf dem Platz.

Für die Open 2012 ist der Par-70-Platz mit 7.086 Yards (6.479 Meter) vermessen. Neben den elf Open Championships fanden auch schon viermal die Women’s British Open in Lytham&St Annes statt, zuletzt 2009.

Schottland

Bis 1920, also während der ersten 60 Jahre, stellte Schottland 39 mal den Sieger, in den folgenden 91 Jahren kamen nur noch zwei weitere Titel dazu: 1985 sorgte Sandy Lyle für den vielumjubelten ersten schottischen Open Sieg nach 65 Jahren, 1999 gewann Paul Lawrie. Insgesamt gewannen 22 schottische Golfer 41 mal die Open. Seit Stewart Cink’s Erfolg 2009 müssen sich die Schotten den Status als Rekordsieger sogar mit den US-Amerikanern teilen.

Und noch etwas fällt auf: unter den 19 Spielern, die die Open mindestens dreimal gewinnen konnten, befinden sich sechs Schotten. Doch gleich fünf von ihnen haben ihre Turniersiege im 19. Jahrhundert eingefahren, nur James Braid gewann seine fünf Titel zwischen 1901 und 1910, also im 20. Jahrhundert.

Etwas dürfen die Schotten aber für sich beanspruchen: sie sind das Herz der Open Championship, die Erfinder und, vorausgesetzt es bleibt bei der derzeitigen Rotation der Turniere, werden sie wohl für immer die Rekordausrichter des Turniers bleiben.

Titelverteidiger

Es gab und gibt Niemanden in der Welt des (Golf-)Sports der dem 43-Jährigen Darren Clarke seinen Triumph bei der Open Championship 2011 nicht gegönnt hat. Clarke ist seit 20 Jahren im Profizirkus unterwegs, feierte fast zwei Dutzend Turniersiege, darunter zwei bei der World Golf Championship, belegte mehrere Top-10-Plätze bei den Major-Turnieren und nahm 54mal Anlauf, um einen Major-Titel zu gewinnen. Bis es dann im letzten Jahr klappte… Und alle freuten sich für den sympathischen Nordiren, dessen Ehefrau Heather 2006 mit 39 Jahren an Brustkrebs gestorben war. Die Szenen, als Clarke mit dem europäischen Team nur wenige Wochen später in Dublin den Ryder Cup gewann (wobei er zum Sieg drei Punkte beisteuerte), und er anschließend sowohl in den Armen seiner europäischen Teamkollegen wie auch in denen seiner amerikanischen Rivalen lag, werden unvergessen bleiben.

Unverschlüsselt

Unverschlüsselt gibt es von der Open Championship im deutschen Fernsehen leider gar nichts zu sehen. Sollten Kaymer oder Siem das Turnier nicht gewinnen, wird es bei den großen Sendern wohl nicht eine einzige Erwähnung finden. Für den Schlusstag gibt’s aber wie immer den Spox-Live-Ticker, der ist absolut grandios und fast so gut wie die über 40 Stunden Live-Übertragung bei sky. Neben dem Ticker bietet Spox auch sonst eine sehr gute Berichterstattung über die Open, die schreiben zu meinem Buchstaben „F“ sicherlich ne ganze Menge mehr… ;-) Und die Spox-Par-10 sind der einzige Grund, sich zu wünschen, dass die Open schon vorbei sind. Zu empfehlen ist auch das offizielle Portal des DGV oder der Linksgolfer, ein sehr netter Golf-Blog. Abschließend noch der Hinweis auf die offizielle Seite des Turniers, wo man auch das 164 Seiten starke offizielle Magazine online lesen oder als pdf downloaden kann.
             
Harry Vardon

Der Spieler von der Kanalinsel Jersey ist mit seinen sechs Siegen (1896, 1898, 1899, 1903, 1911, 1914) der Rekordsieger der Open. Vier Spieler gewannen das Turnier je fünfmal, zuletzt gelang dem Amerikaner Tom Watson 1983 der Sprung in diesen exklusiven Klub (siehe „W“).

Tom Watson

Tom Watson ist mit fünf Titeln (1975, 1977, 1980, 1982 und 1983) der erfolgreichste US-Amerikaner der Open-Geschichte. Im Jahre 2009 hätte Watson um ein Haar eines der größten Kapitel der Golf-Geschichte geschrieben, als er im zarten Alter von 60 Jahren erst im Stechen gegen seinen Landsmann Stewart Cink seinen sechsten Open-Titel verpasste. Er hätte nicht nur zu Rekordsieger Harry Vardon aufgeschlossen, er hätte auch den Altersrekord von Old Tom Morris (siehe „M“) um über 14 Jahre gebrochen. Und Achtung, Watson, im letzten Jahr 22., schlägt auch 2012 wieder ab. Der erfolgreichste, noch regelmäßig auf PGA und/oder European Tour aktive Golfer, ist übrigens Tiger Woods mit drei Siegen (2000, 2005, 2006).

FedEX-Cup

Gut für mich, dass der US-Paketriese seit 2007 Namensgeber der Jahreswertung der PGA Tour ist. Sonst sind Buchstaben wie das „X“ in solchen ABC-Spielchen immer schwierige Geschichten. Sollte der Sieger der Open ein Mitglied der PGA-Tour sein, würde er für den Sieg 600 Punkte in der FedEx-Cup-Wertung einstreichen. Das sind 100 mehr als bei einem regulären PGA-Turnier und immerhin noch 50 mehr, als der Sieger eines WGC-Turniers erhält. Wer also noch Punkte im FedEx-Cup benötigt, sollte dieses Wochenende besonders gut spielen. Das gilt übrigens auch für die Mitglieder der European Tour. Denn das Preisgeld (siehe „B“) gehört in Europa zu den höchsten des Jahres, streicht man die rund 1,1 Millionen ein, ist ein satter Sprung im Race to Dubai möglich.

BabY

Webb Simpson wird demnächst Papa. Schön für ihn, schlecht für die Open Championship. Denn der Amerikaner, laut Weltrangliste der momentan fünftbeste Golfer dieses Planeten, der sich erst im Juni bei den US Open seinen ersten Major-Titel gesichert hatte, möchte seine hochschwangere Frau nicht alleine lassen und hat deshalb auf die Reise über den großen Teich verzichtet. Aus ähnlichen Gründen hat auch der Australier Jason Day, Nr. 21 der Weltrangliste abgesagt. Sein Baby ist allerdings schon auf der Welt.

Zimbabwe

Im Gegensatz zu Deutschland hat es auch das Reich des Diktators Robert Mugabe schon in die Siegerliste der Open Championship geschafft. Nick Price, der ins seiner Karriere insgesamt drei Major-Titel gewonnen hat, triumphierte 1994 in Turnberry bei der Open. Price, der in Südafrika als Sohn britischer Eltern geboren wurde, wuchs zu Kolonialzeiten in Rhodesien, wie Zimbabwe vor der Unabhänigkeit von Großbritannien hieß, auf und wurde nach seinem Schulabschluss in Zimbabwe nur noch selten gesehen.

12.07.2012

Der heiße Juli auf der European Tour

Heute in einer Woche blickt die gesamte Golfwelt nach Europa… selbst in Amerika ruht dann der Zirkus, untrügliches Zeichen dafür, dass „The Open Championship“ ausgespielt werden. Das älteste Golfturnier der Welt, der erste Sieger wurde bereits im Jahre 1860 – also vor 152 (!) Jahren - ermittelt, ist das einzige Major-Turnier welches außerhalb der USA ausgetragen wird. Die Open, die eigentlich nur in Nordamerika (fälschlicherweise) als „British Open“ bezeichnet werden, werden im jährlichen Wechsel auf verschiedenen Links-Plätzen in England und Schottland ausgetragen. Derzeit befinden sich neun Plätze in der Rotation, 2011 und 2012 finden zum ersten Mal in der langen Geschichte des Turniers zwei Open hintereinander in England statt, in diesem Jahr im Royal Lytham & St. Annes Golf Club südlich von Blackpool in der Grafschaft Lancashire. Titelverteidiger ist der Nordire Darren Clarke. Ich hoffe, in der kommenden Woche noch etwas ausführlicher auf ein paar Geschichten und Anekdoten zur Open Championship eingehen zu können.

Die Open sind der Höhepunkt der European Tour, die Wochen vor der Open im Juli sind mit der Open de France und den Scottish Open, zwei der besten regulären Turniere in Europa die heißesten Wochen im Golfkalender auf dem alten Kontinent. Und auch ein Deutscher mischt in diesem Jahr kräftig mit. Doch es ist nicht Martin Kaymer, der zwar einige passable Top-20-Ergebnisse bei den großen Turnieren des Jahres abgeliefert hat, aber eigentlich schon seit Saisonbeginn seiner Form hinterhergolft. Erschwerend kommt hinzu, dass Kaymers Formkurve seit den US Open im Juni noch weiter nach unten zeigt. Beim (alles andere als überragend besetzten) Heimturnier in Köln verpasste Kaymer den Cut, in Frankreich wurde er 70. und damit Letzter der für das Wochenende qualifizierten Spieler. Weil Kaymer, der in der Weltrangliste folgerichtig auf Platz 14 durchgereicht wurde, langsam aber stetig auch in der europäischen Ryder-Cup-Rangliste abrutscht (z. Zt. ist er aber noch sicher qualifiziert), hat er sogar kurzfristig für die Scottish Open gemeldet.

Im Mittelpunkt des deutschen Interesses dürfte im hohen Norden Schottlands aber Marcel Siem stehen. Siem ist der oben angesprochene, dieses Jahr kräftig auf der European Tour mitmischende Deutsche. Höhepunkt seiner starken ersten Jahreshälfte war sein Erfolg letztes Wochenende bei der Open de France. Siem, der wie Kaymer aus dem Rheinland stammt, musste über acht Jahre auf seinen zweiten European-Tour-Titel warten. Durch den Erfolg in Paris, wo 2018 der Ryder Cup ausgetragen wird, qualifizierte er sich nicht nur für die Open Championship, vielmehr schoss er in der Weltrangliste von 120 auf 58. Ein sehr bedeutender Schritt, denn nun ist Siem automatisch für alle Turniere der World Golf Championship sowie für die PGA Championship, das vierte Major-Turnier des Jahres im August, qualifiziert. Bei diesen hochdotierten Turnieren kann er weitere Punkte sammeln und in der Weltrangliste weiter klettern. Der Sprung unter die Top 50 würde schon reichen, um automatisch für alle vier Majors qualifiziert zu sein, also auch für das Masters in Augusta.

Einen ähnlich bedeutenden Status auf der European Tour wie die von Siem gewonnene Open de France haben auch die Scottish Open, welche heute Morgen begonnen haben. Neben vielen europäischen Top-Golfern haben auch einige Stars gemeldet, die sonst ausschließlich in Nordamerika spielen. An der Spitze der „Gäste“ steht sicherlich Phil Mickelson der außer zur Open Championship Europa sonst scheut wie der Teufel das Weihwasser. Weil sich aber auch Phil, ähnlich wie Kaymer in einer kleinen Formkrise befindet, will er vor der Open versuchen, sich durch ein starkes Ergebnis Selbstvertrauen zu holen. Zudem kann er sich in Schottland auch an die europäischen Besonderheiten gewöhnen. Insbesondere der hiesige Sommer ist für die von der Sonne verwöhnten amerikanischen Topstars alljährlich eine heftige Umstellung. Es ist einfach ein Unterschied bei 30 Grad und Sonne in den Staaten zu golfen oder auf der Insel bei Wind, Regen und 15 Grad am Abschlag zu stehen. Viele andere US-Stars verzichten trotzdem auf ein Vorbereitungsturnier in Europa, Tiger Woods & Co. bereiten sich traditionell in Irland trainierend auf europäisches Links-Golf vor.

Eine Woche vor der Open Championship lohnt also ein Blick nach Castle Stuart bei Inverness nicht nur wegen der traumhaften Landschaft zwischen Highlands, Schlössern und Moray Firth, einem Meeresarm der Nordsee. Neben Kaymer, Siem und Mickelson spielen neben vielen weiteren europäischen Elite-Golfern auch der Weltranglistenerste Luke Donald oder der Masters-Zweite Louis Oosthuizen in der traumhaften Landschaft zwischen den Highlands und der Nordseeküste.

18.06.2012

EM-Tagebuch 2012 - 6


Montag Nachmittag ist’s geworden, mein letztes „Auswärtsspiel“ am Fuß des Hainich liegt hinter mir. Grad hab ich nochmal den ob des wochenlangen Regenwetters megalangen Rasen auf Wimbledon-Länge gestutzt, morgen schau ich ein letztes Mal ins Büro bevor es dann endlich nach Portugal geht. Und, was ich vorher nicht zu träumen gewagt hätte, sowohl unsere Mannschaft wie auch die Portugiesen sind noch im Wettbewerb, wenn wir uns morgen auf unseren, mautfreien, Weg an den Douro machen. Damit startet unser EM-Camp im Süden gleich mit einem Doppel-Knaller, wenn am Donnerstag Portugal und am Freitag die DFB-Elf spielen. Die Griechen wetzen schon die Messer, die sind schärfer als Gyros, es den fußballspielenden Vertretern aus dem Land, dass den ausgabefreudigen Hellenen die Daumenschrauben angezogen hat, mal so richtig zu besorgen.

Die besondere Situation in der Gruppe B, in der die Holländer den Punktelieferanten spielten, spitzte sich gestern abend für etwa zehn Minuten zu, als CR7 die Portugiesen im Parallelspiel 2:1 in Führung gebracht hatte und es bei uns „nur“ 1:1 stand. Ein Tor der Dänen und wir wären weg gewesen. Doch dann kam Bender! Der für den gesperrten Jerome Boateng rechts verteidigende Leverkusener erlöste die deutsche Mannschaft und die Public-Viewing-Gesellschaft bei Markus in Treffurt. In dessen Wohnzimmer, dass besser gefüllt war, als manches EM-Stadion, fielen einige Steine von den Herzen, als Bender eine zwar hochüberlegene aber zu verspielte, nicht konsequent den Abschluss suchende deutsche Mannschaft endgültig ins Viertelfinale schoss. So war es, trotz eines Wahlergebnisses in der Nachbarschaft, ein rundrum schöner Abend im Werratal und im Gegensatz zur Hummel in Stadtilm, wo „wir“ ja zweimal gegen Spanien verloren haben, können wir auch in Zukunft zu Markus und seiner Familie fahren, wenn es darum geht wichtige Spiele zu gewinnen.

Der Abend in Treffurt war der Endpunkt eines Wochenendes „on Tour“. Am Freitag hatte das biblische Gewitter in Donezk Sören nach Kranichfeld „gespült“, am Samstag hatten wir in Stadtilm die überraschende Entwicklung in Gruppe A verfolgt, als Favorit Russland und Gastgeber Polen in den Urlaub geschickt worden waren. Die Gastgeberrolle erweist sich bei Europameisterschaften selten als Glücksfall. Schon vor vier Jahren waren Schweizer und Österreicher in der Vorrunde gescheitert, 2004 verlor Portugal sensationell das Finale gegen Griechenland, 2000 folgen die Belgier in er Vorrunde raus die Holländer verballerten im Halbfinale fünf Elfmeter gegen Italien, zwei im Spiel und drei im Elfmeterschießen. Der DFB sollte sich gut überlegen, ob er sich für die Euro 2020 bewirbt, falls die Türken im Falle einer erfolgreichen Bewerbung Istanbuls für Olympia 2020 ihre Kandidatur zurückziehen.

Parallel zur EM gewann Webb Simpson gestern bei den US Open seinen ersten Major Titel. Der Platz in San Francisco war superschwer, Simpson gewann mit einem Schlag über Par, Martin Kaymer spielte sich auf einen ordentlichen 14. Platz, zwei schwächere Phasen Mitte der ersten Runde und gestern zu Beginn, als er drei Bogies in Folge auf der Scorekarte notieren musste, verhinderten ein noch besseres Ergebnis. Nach dem wir gestern aus Treffurt zurück waren habe ich mal für zehn Minuten auf dem Olympic Course vorbeigeschaut, mich angesichts unserer anstehenden Autotour aber doch schweren Herzens für das Bett entschieden.

14.06.2012

EM-Tagebuch 2012 – 5


Ein grandioses Sportwochenende zwischen Donezk und San Francisco, Treffurt und Kranichfeld

Es ist Donnerstag geworden. Noch drei Tage arbeiten, dann geht’s auf in die K.O.-Runde. Auf nach Portugal. Im Gegensatz zu deutschen Mannschaft sind die Zipfelmützen für die heißeste Phase der Euro schon qualifiziert. Aber nach dem 2:1 gegen Oranje gestern Abend sollte die Qualifikation doch nun wirklich gelingen. Ein mickriges Pünktchen gegen Dänemark reicht für den Gruppensieg, selbst bei einer Niederlage können wir unter gewissen Umständen ins Viertelfinale kommen. Wenn die Portugiesen nicht Holland schlagen, brauchen wir nicht einmal antreten, dann ist alles fix. Ich hoffe natürlich, dass Oliver Kahn mit seiner Prognose von gestern Abend recht behält. Der Ex-Torwart-Titan, der von der furchtbar schlechten und inkompetenten Katrin Müller-Hohenstein tagtäglich am ZDF-Strand gequält wird (dazu HIER etwas aus der Welt, die TZ hatte es die Tage noch etwas schärfer forumliert), sieht Portugal neben uns ins Viertelfinale einziehen. Mensch Olli, wäre das eine feine Sache. Und nochwas… mach doch auf der Strandpromenade nen Spaziergang nach Swinemünde und lass Dich von nem polnischen Taxi günstig ins ARD-Quartier nach Danzig fahren. Dort mit Opdenhövel, Beckmann und Scholl ein sicherlich grandioses TV-Quartett bilden und dieser ZDF-Stumpfsinn für Fußballanalphabeten hätte endlich ein Ende.

Heute Abend müssen die beiden Favoriten in Gruppe C die Karten auf den Tisch legen. Italien spielt gegen Tabellenführer Kroatien, meine Iren sind anschließend gegen Spanien klarer Außenseiter. Die beiden Großen haben im direkten Duell gezeigt, dass sie in der Lage sind auf höchstem Niveau zu spielen. Weder war bei Spanien eine Sattheit ob der ganzen gewonnen Titel der letzten Jahre zu sehen noch bei den Italienern eine Verunsicherung wegen der Wettgeschichten zu erkennen. Den Trubel um Cassano wegen dessen schwulenfeindlicher Äußerungen muss man angesichts der Stressresistenz der Italiener fast als gutes Omen für sie auslegen. Fraglich ist nur, ob Cassano überhaupt spielt, denn das Tor gegen Spanien erzielte der eingewechselte Antonio di Natale. Und auch Andrej Shevchenko hat ja schon eindrucksvoll gezeigt, wozu alte Männer fähig sind… Ich erwarte heute abend zwei Favoritensiege. Wenn schon die Kroatien den Iren drei Tore einschenken können, sind die Spanier dazu allemal in der Lage. Vielleicht sollte del Bosque heute aber mal einen Stürmer aufstellen, sonst spielen sich die Spanier wieder um den Verstand ohne zum Abschluss zu kommen. Und die Italiener sehe ich gegen Kroatien auch im Vorteil, die Abwehr der Rotkarierten wurde im ersten Spiel kaum gefordert und schon dort waren Oberstolperer Schildenfeld & Co. auf die irische Unfähigkeit angewiesen.

Leider etwas im Schatten der Europameisterschaft stehen die US Open, das zweite Golf-Major des Jahres. spox.com liefert eine kleine Vorschau zum zweitältesten Major, dass dieses Jahr unweit der Golden Gate Bridge in San Francisco ausgetragen wird. Neben Martin Kaymer, der über verschiedene Kriterien problemlos qualifiziert war, konnte sich mit Alex Cejka ein weiterer Deutscher durch die Qualifikation ins Starterfeld spielen. Marcel Siem scheiterte leider knapp in selbiger. Nach dem EM-Spielen werde ich heute und am Sonntag via Sky einen Blick in die Bay Area werfen, die Schlussrunde am Sonntag dauert auf Grund der extremen Zeitverschiebung zur US-Westküste bis Montag früh vier Uhr, so lange sollte das Zipfelmützen-EM-Studio bei Markus nicht on Tour sein. ;-)


Und weil unser anonymer Leser Andreas M. ja immer das grüne Jackett gewinnen möchte: hier ein Link in die FAZ, wo beschrieben wird, warum die US Open das demokratischste Golfturnier der Welt sind und warum unsere Teilnahme dort theoretisch (!) möglich ist.