30.10.2006

Regionalliga Nord 2006/07 - 13. Spieltag (28.10.2006)

UNION BERLIN - FC ROT-WEISS ERFURT 2:4 (1:3)

Um zehn vor neun, und damit zwanzig Minuten (die uns später noch weh tun sollten) später als geplant, rollten Manja & Christian vor und damit begann ein absolut unfassbarer Trip in die Hauptstadt. Wir waren noch nicht mal am Hermsdorfer Kreuz, als ich bereits ahnte, dass das mit dem Ankommen an der Alten Försterei bis zweie knapp werden könnte. Die Vollsperrung bei Eisenberg und die anschließende Rallye durch die dunkelsten Gebiete des Zeisslandes kostete weitere Zeit, so dass ich um kurz vor elf in Weißenfels sicher war: das wird nix mehr mit Björni und der Wuhlheide. Doch weil Chrischi dann zeigte, dass er auch aus einem vollbesetzten Fiesta dauerhaft 180 rausholen kann, rollten wir um halb eins in Potsdam ein. Das Einchecken in der JH wäre vermutlich dreimal so schnell gegangen, hätte die Empfangstante mal mehr gearbeitet als gequasselt. Kurz vor eins dann ab in die S-Bahn und auf gings ans andere Ende von Berlin. Für den Weg brauchten wir ne knappe Stunde und leider für den mies bis gar nicht ausgeschilderten Weg in Richtung Alte Försterei noch mal ne reichliche Viertelstunde. Die Hoffnungen auf eine Verschiebung der Anstoßzeit, welche Thomas, der ebenfalls noch in einem der Busse durch Köpenick irrte, noch eben genährt hatte („der Beutel fragt bei Union an“), zerschlugen sich bei Ankunft am Stadion. Die Uhr zeigte 14:20 Uhr (siehe erster Satz!!!) als wir irgendwo zwischen Sicherheitskontrolle und Kartenkauf vom bereits im Stadion anwesenden RWE-Mob über das 1:0 informiert wurden. Nicht nur im Gästebereich des Stadions wurde gefeiert, auch am Ticketschalter wurde fleißig gegrölt und gefeiert. Schon hier, am Tickethäuschen, war mir klar, dass dieser Elferpfiff völlig korrekt war :-). (Eine fatale Fehleinschätzung, wie sich später am TV herausstellen sollte. Doch das ist mir eigentlich völlig egal, wir sind schon so oft behumpst worden. Ich sag nur Düsseldorf letztes Jahr. Der Schiri ist damals wie heute Schössling. Nur böse Zungen behaupten, der wollte noch was gut machen.)

Nachdem auch wir den weit mehr als 1000 Leute starken und bereits tüchtig feiernden RWE-Block erreicht hatten, ging die rot-weiße Party auf dem Feld munter weiter. Langer Ball auf Kumbela, der tanzt die zwei Union-Innenverteidiger, die in dieser Szene ungefähr so steif waren wie der Berliner Fernsehturm, aus und macht im Fallen das 2:0. Wat war denn hier los? 2:0 nach ner knappen halben Stunde? Das konnte nicht mehr besser werden. Dachte ich fünf Minuten lang, bis Brunne aus vierzig Meter abzieht und die Kugel ins Tor jagte. 3:0. So ein Tag, so wunderschö... Nur noch 1:3. Man kam ja kaum zum Luft holen. Spork knallte das Leder aus ein paar Metern auf die kurze Ecke und Ratajczak, der für den verletzten Orle ins Tor gerückt war, ließ den Ball durch die Hosenträger rutschen. In der folgenden Stunde sollte meine Lebenserwartung um mehrere Jahre abnehmen. Angriff auf Angriff rollte auf das RWE-Tor zu. Während wir überhaupt nichts mehr zu Stande brachten, hatte Union Großchance auf Großchance. Insbesondere vor der Pause rettete Rata ein ums andere Mal in höchster Not. Neben dem eisernen Unvermögen stand uns auch das Glück zur Seite. Ein Heber trudelte auf die Latte. Die Halbzeitpause stellte nur eine lästige Unterbrechung des Union-Sturmlaufs dar. Nach einer gefühlten halben Stunde wagte ich das erste Mal einen Blick auf die Uhr. Acht nach drei! Waren hier schon die Uhren umgestellt worden. Erst acht Minuten in Halbzeit zwei gespielt? Ich wollte es nicht glauben. Und Union griff weiter an…

Nach einer Stunde wurden die Unioner für das Anrennen belohnt. 2:3. Der Anschluß. Viel zu früh. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich reichlich Zweifel, dass wir das irgendwie über die Zeit bringen würden. Die Atmosphäre in der engen Försterei kochte nun, der Union-Anhang hoffte auf die Wende, wir alle auf eine schnell laufende Uhr.

Irgendwann griffen dann auch wir mal wieder an und plötzlich tobte der Block. Brunne wird im Strafraum klar elfmeterwürdig gefoult, doch der Pfiff blieb aus. Gedanken an Düsseldorf kamen auf, sollte uns der Schössling etwa wieder verpfeifen (zu diesem Zeitpunkt konnte noch keiner von uns ahnen, dass der erste Elfer keiner war)? Mit fortschreitender Spieldauer konnten wir uns vom Dauerdruck etwas befreien, zwar fuhren wir keinesfalls einen Konter nach dem anderen, doch gelang es uns besser, Bälle mal länger zu halten und die Eisernen in ihrem Rhythmus zu stören. Und der erste richtig gute Konter führte dann auch gleich zur Entscheidung. Schnuphase auf Brücker, der auf Schnetzler und der Alex zwirbelt das Bällchen nach 87 Minuten direkt vor unserem Block ins Tor. 4:2. Auswärtssieg! Auswärtssieg! Nun tobte der Block endgültig. So geil war es zuletzt in Wattenscheid im Mai. Berlin war eingenommen – besser hatte es auch die Rote Armee im Mai 1945 nicht gemacht. Der helle Wahnsinn. Unsere Götter wurden mit LaOla und einem gepflegten, aber recht kurzen Ufta gefeiert.

Der Weg zurück in Richtung Bahnhof glich, nachdem wir uns von den in die Busse eilenden RWE-Fans getrennt hatten, einen gemütlichen Herbstspaziergang durch die köpenickschen Wälder. Meinen Schal hatte ich dennoch vorsorglich in die Tasche gesteckt. Man kann ja nie wissen. Und so erfuhren die Union-Fans, die am Bahnhof unmittelbar neben uns standen und sangen „Wo sind denn die Erfurt-Fans?“ nie, wie nahe sie uns waren. Als uns dann auch noch die Kunde von Chrischis drittem Platz (einschließlich gewonnenem Pokal!) beim Potsdamer Tanzturnier erreichte, war das Wochenende, welches mit Sightseeing in Berlin und Potsdam bis Sonntag verlängert wurde, perfekt. Da störte uns der auf der Rückfahrt bei Leipzig schlapp machende Hinterreifen an Chrischis Rennfiesta auch nicht weiter.

Ein kulinarischer Tipp noch: Wer in Potsdam Hunger hat, sollte mit der S 7 zur Station Babelsberg fahren. Der Döner im Bahnhof (Geöffnet täglich bis 5 Uhr morgens!) ist richtig klasse! Und ich, der unter hessischen Preisen leiden muss, fand den Döner mit 2,50 auch preismäßig schwer in Ordnung.

16.09.2006

Regionalliga Nord 2006/07 - 8. Spieltag (16.09.2006)

FC ROT-WEISS ERFURT - WUPPERTALER SV 0:0

Der Block 3 in der Kurve feierte. Der Block E auf der Tribüne feierte. Und das noch eine halbe Stunde nach dem Spiel. Unaufhörlich wurde gesungen und gefeiert. Wir hatten das Stadion schon lange verlassen. Wir waren bereits an unseren Autos. Und immer noch hallte es aus dem Stadion. Was gab es zu feiern? Ein torloses Remis gegen einen biederen Gegner, der, so hatte man das Gefühl, nicht wirklich nach Erfurt gekommen war, um auf Teufel komm raus zu gewinnen. Ein 0:0 animierte zu solchen Reaktionen der Fans? Warum? Weswegen?

Am nackten Ergebnis kann es nicht gelegen haben. Denn das 0:0 ist im Abstiegskampf deutlich zu wenig. Der Abstand zum rettenden Ufer wuchs auf nun schon fünf Punkte an. Es war wohl die Art und Weise, wie das Team an diesem sonnigen Samstag vor der Saison-Minuskulisse von 2249 treuen Fans aufgetreten war. Nach den blamablen Vorstellungen gegen Dresden und in Magdeburg präsentierte sich die Mannschaft runderneuert. Nicht nur was die Einstellung anging, sondern (teils auch gezwungenermaßen) personell. Pavel Dochev verzichtete in seinem Schicksalsspiel erneut auf Ronny Hebestreit (der aber im Gegensatz zum Magdeburg-Kick immerhin wieder auf der Bank Platz nehmen durfte), erstmals auch auf Dominick Kumbela sowie auf den gesperrten Björn Brunnemann und den verletzten Thorsten Görke. Während die kaum geforderte Viererkette (Heller-Holst-Bertram-Pätz) durchweg mit bekannten Namen besetzt war, präsentierten sich Mittelfeld und Angriff vollkommen durcheinander gewürfelt. Die Görke-Position im defensiven Mittelfeld übernahm Matthias Peßolat, rechts spielte der neue Kapitän Alex Schnetzler, den Spielmacherpart übernahm der aus Essen gekommene, erst neunzehnjährige Moritz Stoppelkamp und im Sturm wirbelte neben Albert Bunjaku Danny Cornelius. Dazu kam der mittlerweile auf links gesetzte Daniel Brückner.

Das Spiel begann verheißungsvoll. Mit in den letzten Wochen nicht für möglich gehaltener Laufbereitschaft kauften die sehr aggressiven Rot-Weißen ihren Gästen sofort den Schneid ab. Die Bergischen konnten sich nur selten aus der eigenen Hälfte befreien. Doch bei allem Druck zeigte sich auch wieder ein Manko: über gute Ansätze kommt das RWE-Spiel einfach nicht hinaus. Zwingende Torchancen blieben Mangelware. Und wenn es doch einmal gefährlich wurde, klebte dem RWE-Angriff mal wieder das Pech am Stiefel. Oder besser gesagt am Kopf. Denn eine (man höre und staune) gefährliche (!) Schnetzler-Ecke wurde auf Bunjakus Kopf verlängert, der aber davon so überrascht war, dass er den Ball nur noch unkontrolliert an den Pfosten abfälschen konnte. Das torlose Remis zur Pause machte Hoffnung auf mehr. Gegenüber den deswegen entsetzten Brüdern Heimbürge brachte ich sogar meine „latente Begeisterung“ (Was ist das??? ;-)) zum Ausdruck. Die beiden „Herrn H.“ waren zwar auch zufrieden, wollten meine Überschwänglichkeit nicht ganz teilen, schließlich sollten Kampf, Einsatz und Laufbereitschaft eigentlich etwas alltägliches sein… Was solls… Ich freute mich trotzdem.

In der Pause sorgte die Pokalauslosung für Abwechslung. Sportlich ist das Los absolut machbar, RWE muss zu Motor Zeulenroda (Landesklasse Ost) und damit allerdings reisetechnisch in die Randgebiete des Freistaats vordringen. Die zweite Halbzeit begann sehr gut. Wieder sorgte eine Ecke für Gefahr (Unfaßbar!). Einen Heller-Kopfball konnte die WSV-Abwehr in Person von Bayertz (Arschloch!) erst auf der Linie klären. Leider war nach ca. einer Stunde die Luft etwas raus. Der sehr agile Cornelius (der nach dieser Leistung vom Trainer hoffentlich immer einen Platz in der Startelf erhält) musste angeschlagen heraus, der eingewechselte Kumbela erwischte leider einen ganz schwachen Tag. Auch die zehn Minuten vor Schluß eingewechselten Hebestreit und Frank konnten keine neuen Impulse setzen, so dass die letzte halbe Stunde wohl als gemütlicher Sommerfussball abgehakt werden muss. Das störte die Fans überhaupt nicht. In Block 3 und im E-Block auf der Tribüne herrschte eine grandiose Stimmung. Sicherlich auch eine Reaktion auf die von einigen Spielern nach dem Dresden-Spiel geäußerte Kritik an uns. Es wurde gesungen. Und gesungen. Und gesungen…

04.09.2006

Regionalliga Nord 2006/07 - 6. Spieltag (03.09.2006)

FC ROT-WEISS ERFURT - DYNAMO DRESDEN 0:2 (0:1)

Ich gehöre sicherlich nicht zu denjenigen Fans, die nach einem schlechten Spiel sofort draufhauen und voreilig das Ende des Erfurter Fußballs vorhersagen. Doch was gestern Nachmittag beim Ost-Derby gegen Dynamo Dresden passiert ist, hat auch mir irgendwie die Sprache verschlagen. Fünf Spiele, vier Punkte. Zwei Heimspiele in Folge verloren. Fortschritte zum Vorjahr vermag ich nicht zu erkennen. Einfach frustrierend. Entsprechend hart sind vielleicht ein paar Formulierungen.

An solchen Sonntagen wie gestern sind die mehrstündigen Fahrten ins Hessenland immer besonders nervig. Statt bei einem Frustbierchen im Zipfelmützenkreis sich den Frust von der Seele zu diskutieren, knattere ich bei Dauerregen, grauem Himmel und tiefhängenden Wolken durch die gottverlassene Rhön Richtung Offenbach.

Vier Stunden vor der Rhön war die Laune bei Christian und mir, als wir das Stadion betraten, noch wesentlich besser. Die Grütze, die wir dann zu sehen bekamen, lässt sich eigentlich kaum in Worte fassen. Dennoch hier ein Versuch in Form einer Einzelkritik:

TOR: Dirk Orlishausen war der beste Erfurter auf dem Platz. An den beiden Gegentoren war er schuldlos, er wurde durch seine Vorderleute gnadenlos im Stich gelassen. Mit mehreren Paraden sorgte er dafür, dass wir lange auf ein Unentschieden hoffen durften.

INNENVERTEIDIGUNG: Eine Katastrophe. Schon in der Anfangsphase wurden Heller und Holst durch Doppelpässe schnell überspielt. Insbesondere die Leistungen und Fehler von Holst sind, wenn man an das vergangene Jahre denkt, nicht zu erklären. Der Junge ist völlig von der Rolle. Natürlich, auch wenn er den Ball vor dem 0:2 nicht vertendelt hätte, hätten wir wohl verloren. Dennoch, so ein Klops passiert vielleicht einmal in einer Saison (wir sind ja alle nur Menschen). Aber in zwei Heimspielen in Folge?

AUSSENVERTEIDIGUNG: Nicht regionalligatauglich. Was auf den Außenbahnen von Pätz (links) und Bertram (rechts) geboten wurde, war unterirdisch. Fehlpässe im Spielaufbau, mangelndes Zweikampfverhalten in der Defensive (Bertram vor dem 0:1) – einfach grottenschlecht. Natürlich sind beide Spieler keine gelernten Außenverteidiger, dennoch war das zu wenig. Neben dem Sturm DIE absolute Problemposition von RWE. Sollte der von Essen ausgeliehene Stoppelkamp im offensiven Mittelfeld einschlagen (und nur dann), könnte Schnetzler wie im Vorjahr die rechte Verteidigerposition übernehmen. Aber links? Kühne fällt noch lange aus.

MITTELFELD DEFENSIV: Die Standards von Görke waren zum Vergessen. Die Freistöße flogen in Richtung Weimar, aber keinesfalls aufs Tor. Die Ecken waren der absolute Witz. Jemandem der nicht dabei war, kann man gar nicht mit Worten erklären, mit welcher Präzision die viel zu flachen Ecken in den Strafraum flogen. Immer schön auf den ersten Dresdner Verteidiger, der diese dann (ich vermute mit zunehmender Spieldauer fast gelangweilt) herausköpfen konnte. Auch die langen Einwürfe flogen nach Schema F in den Strafraum. Gefahr? Null!

MITTELFELD AUSSEN: Von Brückner kam nichts, von Brunnemann nicht viel. Mit ein paar Solos deutete Brunnemann seine Gefahr an, konnte mit dem Ball am Fuß auch mal an ein paar Dynamos vorbeigehen, doch von der in der vergangenen Saison ausgestrahlten Torgefahr war nix zu sehen.

MITTFELFELD OFFENSIV: Ronny, Glückwunsch zu Deinem 300. Spiel! Und Danke, für die vielen tollen Tore in der Vergangenheit. Doch mit der Leistung von gestern (und den anderen Spielen in dieser Saison) hast Du in der Regionalliga nichts mehr verloren. Am allerwenigsten auf der (vakanten) Spielmacherposition. Nur ein starker Pass kam von Ronny auf Schnetze, der dann elfmeterreif (?) gefoult wurde. Ansonsten war es gruselig. „Höhepunkt“: Als Ronny nach Brunnemann-Zuspiel (also nach einem Pass eines Mitspielers) kurz vor Schluß getunnelt wurde. Ohne Worte…

STURM: Von Bunjaku nach seiner Verletzung Wunderdinge zu erwarten, wäre falsch gewesen. Entscheidend durchsetzen konnte er sich (noch) nicht, dennoch habe ich hier die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass dieser Mann die dringend notwendige Verstärkung im Sturm darstellt. Und Kumbela? Er war unser bester Feldspieler, brachte das Dynamo-Tor mehrfach ernsthaft in Gefahr. Leider aber versemmelte er mal wieder alle Chancen (Flugkopfball an die Latte, allein vor dem Tor Berbig angeschossen). Und letztlich wird ein Stürmer an Toren gemessen. Dennoch war seine Auswechslung nicht nachvollziehbar.

RESERVESPIELER: Cornelius und der angeschlagene Schnetzler sorgten für Belebung im Offensivspiel, leider kamen sie viel zu spät. Cornelius’ Problem aus meiner Sicht: er spielt nur als Joker gut, konnte, wenn er von Anfang an spielt (Mönchengladbach) keine Akzente setzen.

TRAINER: Kein Thema, die Aufgabe eines Trainers ist es auch, sich schützend vor seine Spieler zu stellen. Doch was Pavel nach dem Spiel so alles erzählt hat, nimmt mir jede Hoffnung, dass irgendwer im Verein den Ernst der Lage erkannt hat. Von einem unverdienten Dynamo-Sieg zu sprechen oder davon, dass RWE den Gast beherrscht hat, ist an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten. Außerdem muss sich der Trainer den Vorwurf gefallen lassen, viel zu spät und falsch ausgewechselt zu haben. Warum er für Cornelius Kumbela raus nahm, Pätz 81 Minuten und viele andere (Ronny, Bertram) 90 Miunten durchstolpern durften, bleibt auch sein Geheimnis.

DER VEREINSVORSTAND: Vieles läuft gut bzw. besser als in der Vergangenheit. Aber manchmal fasst man sich nur noch an den Kopf: Rombach und/oder Beutel hätten sich, bevor sie einen Ronny Trettmann zur Volksbelustigung verpflichten, vielleicht etwas besser mit der Herkunft dieses unterbelichteten Hilfsschülers, bei dessen Auftritt ich mich fragte, aus welcher Klapsmühle der wohl geflohen ist, befassen sollen. Ein Thüringer lacht noch lange nicht über einen Sachsen, schon gar nicht bei einem Derby zwischen zwei Teams aus diesen Bundesländern und erst recht nicht, wenn der Sachse mit seiner Herkunft so hausiert, wie dieser Trettmann. Wann (und warum) wurde die Todesstrafe bloß abgeschafft??? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Mehrzahl der Dynamo-Anhänger auf diesen Menschen stolz ist. Mancher mag die Kritik vielleicht ein bisschen kleinkariert finden, dennoch sind es genau solche Kleinigkeiten, die einfach dazugehören. Oder in diesem Fall eben nicht dazugehören.

DIE FANS: Wir waren nicht besser in Form als die Mannschaft. Ganz, ganz mau. Es kam nicht viel. Von Derbystimmung keine Spur. Die Capos stimmen zu 80 % einfallslos die üblichen Schmähgesänge gegen den Gegner an, alles 08/15 wie immer. Anstatt nur platt den Gegner zu beschimpfen, sollte vielleicht die eigene Mannschaft unterstützt werden. Gesänge, die von anderen Gruppen aus dem Block angestimmt wurden („Wir sind alle Erfurter Jungs“), wurden ignoriert, stattdessen schallte zum x-ten Mal das „Scheiß-Dynamo“ oder das nervige Dy-Dy-Dy-Lied durch das Stadion. Tiefpunkt des ganzen war das „Wir fahren Fahrrad ohne Dynamo“ – schwachsinnig und sinnlos.

FAZIT: Alles scheiße, bis in zwei Wochen zum Wuppertal-Spiel!

11.08.2006

Regionalliga Nord 2006/07 - 3. Spieltag (11.08.2006)

FC ROT-WEISS ERFURT - VFL OSNABRÜCK 1:2 (0:2)

Jens Voigt sei Dank – weil der CSC-Profi am Samstag das Hainleite-Radrennen gewinnen wollte (und dies ja dann auch tat), durften unsere Götter mal wieder am Freitag Abend unter Flutlicht kicken. Jens Voigt sei Dank – weil der CSC-Profi am Samstag das Heinlaite-Radrennen gewinnen wollte (und dies ja dann auch tat), war die Werner-Seelenbinder-Straße gesperrt. Und weil das so war, lotste ich Herrn Schulz per Handy zum Stadion. Leider überwachte die anwesende Oberförsterei nicht nur die Sicherheit während des Spiels sondern auch die im Straßenverkehr. Und so musste Christian vierzig Euro löhnen und kassierte schon vor dem Anpfiff einen Punkt. Nicht in der Regionalliga. Sondern in Flensburg. Letzte Woche die Batteriepanne, diese Woche das Bußgeld. Es ist noch nicht die Saison des Herrn Schulz.

Da Christian trotzdem zweimal am Tag warm essen kann machten wir uns froh gelaunt auf den Weg ins Stadion. Nach der mal wieder superlangen Schlange am Kartenschalter und einer diesmal ungewöhnlich ausführlichen Sicherheitskontrolle („Falten Sie mal Ihre Fahne auf!“ – Gab es auch für Erfurt eine Terror-Warnung?) nahmen wir unsere Stammplätze ein, bei denen uns schon bald einige vom Bunten Haufen Gesellschaft leisteten. Doch auch durch das Gemeinschaftserlebnis wurde der Abend nicht schöner. Eine gute Anfangsphase mit einigen Chancen der mittleren Kategorie und das Zwischenergebnis aus Offenbach (OFC – FCC zur Halbzeit 2:0) sorgten für gute Laune. Gegenüber dem sehr guten Ahlen-Kick hatte Pavel Dotchev die Mannschaft nur auf einer Position geändert. Für Robert Stark verteidigte Tom Bertram auf der linken Seite. Tom hat seinen Stammplatz in der Innenverteidigung an den erfahrenen Neuzugang Lars Heller verloren und Dotchev sucht für den talentierten U19-Nationalspieler einen neuen Platz im Team. Doch das Experiment ging total daneben. Tom spielte grauenvoll. Höhepunkt des Abends war sein lässiger Querpass am eigenen Strafraum zu Holst, der, so in Bedrängnis gebracht, den Osnabrücker Reichenberger (der in seiner Karriere auch schon größere Tage erlebt hatte) so unglücklich anschoss, dass der Ball vom Knie des VfL-Stürmers ins Tor flog. Wir hatten dieses hochalberne Tor gerade verdaut, da zappelte die Kugel schon wieder im Netz. Bertram konnte einen Osnabrücker nur unfair stoppen und den fälligen Freistoß köpfte Brunnemann ins eigene Tor. Auch Orle machte bei dem Tor keine gute Figur. Nach 30 Minuten 0:2. Und in Offenbach stand es nur noch 1:2. Dazu wurde den Osnasen auch noch ein aus meiner Sicht reguläres Tor wegen Abseits aberkannt. Es war ein trister Abend am Steigerwald. Denn kurz vor Ende der Halbzeit meldete das Handy das Ausgleichstor in Offenbach. *SING* Jena, Jena, Jena, diese Mannschaft kotzt uns an! *SING*

Nach der Pause (Stark ersetzte den völlig überforderten Bertram) bemühte sich RWE zwar, zurück ins Spiel zu kommen, doch die eingesetzten Mittel reichten nicht einmal ansatzweise aus. Eine bedingungslose Aufholjagd sieht anders aus. Leidenschaftlicher. Emotionaler. Willensstärker. Auch der schwache Schiri Gerber aus dem Sachsenland tat mit seiner kleinlichen Pfeiferei sein übriges. Und so plätscherte das Spiel in Halbzeit zwei so vor sich hin. Bis zur 83. Minute. Denn da schoss der für Brückner eingewechselte Cornelius den Anschlusstreffer. Glückwunsch zum ersten Tor im rot-weißen Dress. Leider war das an diesem Abend zu wenig, denn Schnetze und Cornelius scheiterten in der Schlussminute mit satten Schüssen am Osnabrücker Torwart. Statt dem erhofften Sturm an die Tabellenspitze gab es den Rückfall ins Mittelmaß. Und so blieb Christians Punkt der einzig gewonnene an diesem Abend.

05.08.2006

Regionalliga Nord 2006/07 - 1. Spieltag (05.08.2006)

FC ROT-WEISS ERFURT – BORUSSIA M'GLADBACH II 1:0 (1:0)

Vier quälende, fußballfreie Wochen haben endlich ein Ende. Am Samstag startete der FC Rot-Weiß mit einem Heimspiel gegen Mönchengladbachs U23-Team, dass seinen Namen im Gegensatz zu vielen anderen Amateur-Truppen auch (fast) verdient hat, in die Saison 2006/07. Neben 4300 anderen Fans, darunter ein für Reserve-Teams ordentlicher Fohlen-Mob, hatten sich auch die Zipfelmützen Chrischi, Christian, Marion und meine Wenigkeit im Steigerwaldstadion versammelt. Dem wegen der Erhöhung der Eintrittspreise erfolgten Boykott-Aufruf der Ultras, die das Spiel vor dem Eingangstor hinter der Anzeigetafel verfolgten, hatte sich kaum jemand angeschlossen. Die Lust auf RWE und die neue Saison war größer als der Frust über den einen Euro, den man nun mehr löhnen musste.

Vom Supersommer der letzten Wochen war nix mehr zu sehen, als das Team um kurz vor zwei, leider ohne A-Team-Musik *GRRRR*, den heiligen Rasen betrat. Der weiterhin akuten Geldnot zum Trotz hatten wir es wieder geschafft, dass elf Spieler das neue, schicke und selbstverständlich rote Trikot auf ihren Schultern trugen. Im Tor bleibt Dirk Orlishausen die Nr. 1. Konkurrent Ratajczak ließ seinen Frust darüber in der Bild-Zeitung ab und wurde von Trainer Dotchev daraufhin doch zum Stammkeeper befördert – allerdings in der zweiten Mannschaft. Im Gegensatz zu einigen Testspielen wirkte Orle sehr sicher und entschärfte auch die wenigen gefährlicheren Situationen der Gäste souverän. In der Viererkette ersetzte Robert Stark auf links den Verletzten Rico Kühne. Stark erledigte seinen Job genauso unauffällig wie Silvio Pätz auf rechts. Silvio ersetzte dort im Vergleich zur vergangenen Saison Alex Schnetzler, der zunächst im offensiven Mittelfeld benötigt wird. In der Innenverteidigung spielte neben dem zu Beginn des Spiels nicht immer souverän wirkenden Matthias Holst unser Neuzugang aus Oberhausen, der auf Grund seiner unglaublich blonden Haare kaum zu übersehende Lars Heller. Den stärksten Eindruck der Neuen hinterließ im defensiven Mittelfeld Thorsten Görke. Der Ex-Chemnitzer könnte der in der vergangenen Saison so oft vermisste Führungsspieler, der Kopf der Mannschaft, werden. Er dirigierte das Spiel, verteilte die Bälle, stand nach hinten sicher und setzte durch seine Freistöße und unheimlich langen Einwürfe (an dieser Stelle sei Rudi Zedi, auch „The Einwurf“ genannt, gegrüßt) auch in der Offensive viele Akzente. Die Außenpositionen im Mittelfeld hatte man vor dem Spiel eigentlich als eine Erfurter Stärke eingeschätzt, doch Björn Brunnemann auf rechts und der Wattenscheider Neuzugang Danny Cornelius auf links, der nicht annähernd an seine in den Testspielen gezeigten Leistungen anknüpfen konnte, hatten nicht ihren besten Tag erwischt. Im offensiven Mittelfeld sollte Alex Schnetzler für die tödlichen Pässe sorgen, doch leider scheint Schnetze auf der Position verschenkt. Über „seine rechte Seite“ war im letzten Jahr oft mehr von ihm zu sehen als heute im Kreativzentrum. Leider bietet sich für diese Position im Kader kein anderer an. Und Pavel Nedved und Alessandro Del Piero wollten um jeden Preis mit Juve in die zweite Liga. Im Sturm war Domi Kumbela der aktivere Mann. Unermüdlich zerrte der „Men in Black“ (der Will-Smith-Kracher wäre im Falle eines Torerfolges von Domi gespielt worden) an den Ketten, ackerte und rackerte, pflügte den Rasen um (nun aber genug der Floskeln, denn…), ein Tor gelang ihm allerdings mal wieder nicht (aber immerhin holte er den spielentscheidenden Elfmeter raus). Sollte Kumbela weiterhin so aggressiv spielen, könnte es für Fußballgott Ronny im Sturm eng werden, wenn der zur Zeit noch verletzte Ex-Paderborner Albert Bunjaku Ende August wieder fit ist.

Zum Spiel: Das Match begann äußerst unterhaltsam, RWE machte sofort Druck, besaß einige gute Chancen, die jedoch alle vergeben wurden. Nach 16 Minuten stand Dominik Kumbela dem Gladbacher Knoche solange auf denselbigen, bis er den Ball hatte, in den Strafraum eindrang und gehalten wurde. Es gab den vollkommen berechtigten Elfmeterpfiff des ansonsten überwiegend nervigen, weil kleinlich pfeifenden und in der Verteilung gelber Karten ohne einheitliche Linie vorgehenden Schiris Lupp aus Waldstadt. Thorsten Görke verwandelte den Elfer souverän. Im Moment als er antrat, machte ich mir ob seiner Erfahrung keine Sorgen, dass er den machen würde. Erst hinterher erfuhr ich, dass er in der Vorbereitung zwei Elfer daneben gesetzt hatte… Fazit: Ich gucke zu wenige Vorbereitungsspiele! ;-) Nach etwa einer halben Stunde ließ RWE die Zügel etwas schleifen und die Fohlen kamen etwas besser ins Spiel. Dabei wurde unsere Innenverteidigung einmal böse überlaufen, Orle machte den Fehler allerdings wett und so ging es mit einer knappen Führung in die Kabinen.

In der Pause staunte ich nicht schlecht, als schon wieder ein Cabrio mit einem Hochzeitspaar vor der Haupttribüne parkte. Diesmal gaben sich Nancy und Mütze (der hieß wirklich so!) das Ja-Wort. Alles Gute unbekannterweise! Allerdings sollten die Verantwortlichen aufpassen, dass dieses Dauer-Geheirate in der Halbzeit nicht zur Klamotte verkommt.

Nach dem Wechsel passierte dann nix mehr. Sieht man es positiv, könnte man sagen, dass wir den knappen Vorsprung im Stile einer (italienischen) Weltklassemannschaft locker und souverän über die Zeit schaukelten. Lediglich Alexander Schnetzler sorgte mit einem geilen Fallrückzieher, den der nicht immer souveräne Fohlen-Keeper aus dem Eck fischte, für Unterhaltung. Ansonsten konnte ich mich komplett auf den in Halbzeit zwei plötzlich neben mir stehenden Herren und seinen bedauernswerten Sohn konzentrieren. Irgendwie wirkten die beiden auf mich wie das Paradebeispiel für die gescheiterte Familienpolitik in Deutschland. Der ordentlich alkoholisierte Daddy versuchte, wenn er nicht grad sinnfrei dichtete (*SING* „Ohne Schiri… Hicks… könnt ihr… Hicks… nicht gewinnen“ *SING*), verzweifelt die Fangesänge mitzulallen. Ehe er allerdings verstanden hatte, welches Lied von der Masse gerade zum Besten gegeben wurde und er vollkommen enthemmt los legen wollte, war es schon wieder zu spät: Die Kurve war fertig. Ein göttlicher Spaß! Das Spiel besaß dagegen nun null Unterhaltungswert. Es passierte nix mehr. Ein paar Auswechslungen hüben und drüben, die Fallrückzieher-Vorbereitungs-Flanke des eingewechselten Müller auf Schnetzler und schon war das erste Spiel rum. Sieg. Zu Null gespielt. Tabellensechster. Die RWE-Welt ist in Ordnung. Aber noch steigerungsfähig.

Nach dem Spiel streikte dann mal wieder der Megane, allerdings nicht meiner (was ihr jetzt schon wieder alle gedacht habt ;-)), sondern der vom Herrn Schulz. Batterie tot. Aber es dauerte nur einen Wattenscheid-Gedächtnis-Regenguss und schon hatte der herbeigerufene ADAC-Mensch die Kiste wieder in Gang gesetzt. Und so kann auch der Herr Schulz am Freitag zum nächsten Heimspiel gegen Osnabrück wieder anreisen. Bis denn dann!

20.05.2006

Regionalliga Nord 2005/06 - 37. Spieltag (20.05.2006)

SG WATTENSCHEID 09 - FC ROT-WEISS ERFURT 1:5 (0:3)

Dieser Bericht ist meiner Freundin Marion gewidmet, ohne deren Verständnis es diese Fahrt niemals gegeben hätte.

Samstag morgen. Acht Uhr. Der Beverly Hills Cop weckt mich ziemlich unsanft. Der Tag der Entscheidung ist gekommen. Wattenscheid gegen Erfurt. Die oder wir. Der ultimative Kampf um den Klassenerhalt. Die Mutter aller Spiele.

Auf der Fahrt in den Ruhrpott peitscht der stürmische Wind einen Regenschauer nach dem anderen über das Land. Einen Samstagmorgen im Mai stellt man sich anders vor. Doch irgendwie passt dieses graue Wetter, diese düstere Stimmung, zu diesem Spiel. Je näher wir unserem Ziel kommen, umso heftiger wird der Wind. Wir sind nicht die einzigen RWE-Fans, die sich auf den Weg nach Wattenscheid gemacht haben. Kurz vor Soest holen wir die ersten der Fanbusse ein. Und stehen plötzlich. Stau! Ein nervöser Blick zur Uhr folgt. Wieviel Stau können wir uns erlauben? Warum stehen wir eigentlich? Sprengen die unzähligen RWE-Fans die Kapazität der A 44? Nein, ein Laster hat den Kampf gegen die Naturgewalten verloren. Der Sturm hat ihn umgerissen. Der ganze schöne Eistee, der da nun auf der Autobahn liegt. Doch bald geht es weiter. Wir erreichen Dortmund. Überall begegnen wir schon der WM. Transparente. Schilder. Fahnen. Und das Westfalenstadion. Doch an die WM mag ich noch nicht denken. Dortmund und die WM sind die Zukunft. Die Gegenwart heißt Wattenscheid. Und ist gar nicht mehr so weit weg. Kurze Pinkelpause bei Mc Donalds in Dortmund und weiter gehts. Kreuz Bochum. Wattenscheid-West. Und runter von der Autobahn. Der Bochumer Stadtteil schien fest in RWE-Hand. NDH. GTH. UH. EF. Überall vertraute Autokennzeichen. Nun aber ab ins Stadion. Es ist kurz vor halb zwei.

Auf dem Weg ins Stadion sieht man endlich auch mal ein paar 09-Fans. Und zwei Knirpse. Die verkaufen den "09er", das örtliche Stadionmagazin. An dieser Stelle möchte ich mich direkt bei dem netten Herren mittleren Alters bedanken, der mir einfach so den 09er sponsort. "Gebt dem Jungen datt mal aus" sagt er zu den zwei Knirpsen, die die Hefte vertickern, reicht ihnen zwei Euro und drückt mir eines der beiden Hefte in die Hand. Fand ich sehr nett. :-)

Als wir im Gästeblock eintreffen, ist dieser bereits ordentlich gefüllt. Dennoch bin ich mir sicher, dass die ganzen Busladungen noch fehlen. Das sind noch nicht die angekündigten 1000 RWE-Fans hier. Und tatsächlich, der Stadionsprecher verkündet, dass das Spiel 15 Minuten später angepfiffen wird. Die Busse aus Erfurt sind noch nicht da. Apropos Stadionsprecher. Der war irgendwie niedlich. Und eigentlich ganz nett. Mehrfach begrüßte er ganz artig die Gästefans und wünschte ein schönes Spiel (Danke, das hatten wir!). Doch ganz auf der Höhe schien der Mann nicht zu sein. Bei der Verlesung der Namen unserer elf Götter kündigte er unsere Nummer 13 doch tatsächlich als Alexandra Schnetzler an. Konnten wir darüber noch schmunzeln, war dann aber endgültig Schluß mit lustig. Der Kollege mit dem Mikrofon lud uns ein, doch einmal die örtliche Bratwurst zu probieren, die ja "die beste der ganzen Liga" sei. Okay, das kann er den Fans jeder Mannschaft erzählen. Aber doch nicht uns, die wir aus Bratwurst-Country kommen. Jaja, so war er, der Stadionsprecher. Hatte ja dann auch im Spiel nicht viel zu lachen. Ich aber vor dem Match auch nicht. Denn mal ganz ehrlich, ihr lieben 09-Fans. Euer Vereinslied und diese Ruhrpott-Hymne (Zitat: "Bei uns im Ruhrgebiet, von Duisburg bis nach Herne, da sind die Mädchen süß, die küsst man gerne...") erinnern ja ganz schlimm an die Volkstümliche Hitparade oder den Musikantenstadl. Bitte fleißig Schunkeln! Aber wer denkt denn da an Fußball? Gott sei Dank ging dann das Spiel los. Bevor hier noch die Wildecker Herzbuben oder die Original Egerländer aufgespielt hätten...

Im insgesamt recht hübschen Lohrheide-Stadion verloren sich etwa 2500 Zuschauer. Eintausend davon standen im Gästeblock. Der 09-Mob mit den Ultras Wattenscheid hatte sich auf der kleinen Tribüne hinter den Trainerbänken versammelt. Dagegen herrschte auf der schmucken Gegentribüne gähnende Leere. Hier verloren sich nur wenige Fans, um die SG bei diesem Abstiegsendspiel zu unterstützen. Mein Freund, der Stadionsprecher bemerkte dazu treffend: "Wir sind wenige, aber wir sind geil." Sollte man dies wortwörtlich nehmen? Dann bin ich ja froh, weit weg von denen im Gästeblock zu sein... Die 09-Fans hatten ihren größten Auftritt (bei dem späteren Spielverlauf nicht verwunderlich) beim Einlauf der Teams. Mit Hilfe einer netten kleinen Choreo (Staatsmacht der Bremer - charakterlose Schläger) brachten sie vermutlich ihren Unmut über die Bremer Polizei zum Ausdruck. Ich fragte mich, was da letzte Woche wohl vorgefallen war. In den ersten zehn Minuten des Spiels hatte ich auch alle Zeit der Welt zu überlegen. Denn das Match begann ziemlich ruhig. Erst nach neun Minuten die erste Chance für die SG 09, doch an der schönen Hereingabe rutscht Katriniok vorbei.

Und was dann geschah, kann man in Worten eigentlich gar nicht ausdrücken. Es sollte das geilste Auswärtsspiel werden, was ich je erlebt hatte. Schweinfurt, Karlsruhe, Offenbach... Nein, nichts dergleichen hatte ich auf Reisen zuvor gesehen. Zehnte Minute. Eine schöne Flanke von Kumbela köpft die 09-Abwehr genau vor die Füße von Schnetzler. Und Alex ledert den Ball aus 25 Metern flach ins linke Eck. Tooooooooooor! Ein geiler Auftakt. Zehn Minuten später. Pass von Kühne auf David. Der stürmt alleine auf das 09-Tor zu. Schuß. 2:0. Tooooooooor! Zeit für den Stadionsprecher. Der erinnerte die fassungslosen Heimfans daran, was so ein 2:0-Vorsprung wert sein kann (Wattenscheid hatte vor 14 Tagen eine 2:0-Führung gegen die HSV-Reserve noch vergeigt und 2:4 verloren). Deswegen am besten gleich nachlegen. Und da heute einfach alles gelang, klappte auch das. 37. Minute. Foul an Six. Freistoß Kühne von der Strafraumgrenze. Tooooooooooooooor! 3:0. Wieder flach ins linke Eck. In die Torwartecke. Torwartfehler. Scheiß egal. Party. Mit feinster Feuerwerkstechnik feierte die rot-weiße Kurve die Galavorstellung ihrer Jungs. Unvergesslich wurde dieser Fußballnachmittag aber auch durch das Wetter. Die 09er hatten den örtlichen Wettergot mit ihrem laschen Gekicke wohl so erzürnt, dass der erstmal einen Gewittersturm über die Lohrheide schickte. Platzregen. Sturmböen. Blitze. Donner. Es herrschte Endzeitstimmung. Gott sei Dank aber nur auf Seiten der Gastgeber. Denn obwohl wir durch das Unwetter so ziemlich alle durch bis auf die Haut waren, konnte die Stimmung nicht besser sein. Vor der Pause sogar fast noch das 4:0, doch Kumbela nagelt den Ball an die Querlatte.

In der Pause wollten Marion und ich mal die "leckerste Wurst der Liga" probieren, doch da gab es ein Problem. In seiner Begeisterung über seine supertolle Bratwurst hatte der einheimische Bratwurstbrater die Brötchen vergessen. Die waren schon zur Pause alle. Aber mittlerweile war mir heute ja eigentlich alles egal. 3:0. Zur Pause. Nicht zu glauben.

Die zweite Halbzeit ist schnell erzählt. Das Unwetter zog davon. Auf dem Platz stand soviel Wasser wie auf einem indonesischen Reisfeld. Unsere Jungs rackerten hervorragend und überstanden auch eine allerdings relativ harmlose Wattenscheider Druckphase, in deren Höhepunkt Holst einen Ball kurz vor der Torlinie wegschlagen musste. Ansonsten kam von Wattenscheid nix. RWE gelang dagegen fast alles. Kumbela erkämpft sich sensationell einen verlorenen Ball zurück und über Ronny und Schnetze gelangt der Ball zu Brunnemann, der sich trocken mit dem 4:0 bedankt. Das 5:0 von David nach Kühne-Flanke fiel begleitet von fröhlichem Liedgut ("Die Liebe zu einem Club", "Oh wie ist das schön", "Erfurt ist der geilste Club der Welt"), dass die überglücklichen RWE-Fans nun pausenlos zum Besten gaben. Das 1:5 kurz vor Schluß interessierte keinen mehr. Die Laune war so gut, dass sich auch die örtliche Polizei den Feierlichkeiten nicht entziehen wollte und kurz vor Schluß einige Wachtmeister in den Block entsandte um dem hemmungslosen Abbrennen von Pyrotechnik Einhalt zu gebieten. Als auch noch die Kunde der Niederlage von Münster die Runde machte, war der Nachmittag perfekt. Das unsere Freunde von der Saale trotz einer von uns stürmisch gefeierten 2:3-Niederlage gegen Düsseldorf nun vorübergehend in der 2. Liga spielen... Was soll's. An so einem grandiosen Tag sieht man über einen solch kleinen Schönheitsfleck gerne hinweg.