04.09.2006

Regionalliga Nord 2006/07 - 6. Spieltag (03.09.2006)

FC ROT-WEISS ERFURT - DYNAMO DRESDEN 0:2 (0:1)

Ich gehöre sicherlich nicht zu denjenigen Fans, die nach einem schlechten Spiel sofort draufhauen und voreilig das Ende des Erfurter Fußballs vorhersagen. Doch was gestern Nachmittag beim Ost-Derby gegen Dynamo Dresden passiert ist, hat auch mir irgendwie die Sprache verschlagen. Fünf Spiele, vier Punkte. Zwei Heimspiele in Folge verloren. Fortschritte zum Vorjahr vermag ich nicht zu erkennen. Einfach frustrierend. Entsprechend hart sind vielleicht ein paar Formulierungen.

An solchen Sonntagen wie gestern sind die mehrstündigen Fahrten ins Hessenland immer besonders nervig. Statt bei einem Frustbierchen im Zipfelmützenkreis sich den Frust von der Seele zu diskutieren, knattere ich bei Dauerregen, grauem Himmel und tiefhängenden Wolken durch die gottverlassene Rhön Richtung Offenbach.

Vier Stunden vor der Rhön war die Laune bei Christian und mir, als wir das Stadion betraten, noch wesentlich besser. Die Grütze, die wir dann zu sehen bekamen, lässt sich eigentlich kaum in Worte fassen. Dennoch hier ein Versuch in Form einer Einzelkritik:

TOR: Dirk Orlishausen war der beste Erfurter auf dem Platz. An den beiden Gegentoren war er schuldlos, er wurde durch seine Vorderleute gnadenlos im Stich gelassen. Mit mehreren Paraden sorgte er dafür, dass wir lange auf ein Unentschieden hoffen durften.

INNENVERTEIDIGUNG: Eine Katastrophe. Schon in der Anfangsphase wurden Heller und Holst durch Doppelpässe schnell überspielt. Insbesondere die Leistungen und Fehler von Holst sind, wenn man an das vergangene Jahre denkt, nicht zu erklären. Der Junge ist völlig von der Rolle. Natürlich, auch wenn er den Ball vor dem 0:2 nicht vertendelt hätte, hätten wir wohl verloren. Dennoch, so ein Klops passiert vielleicht einmal in einer Saison (wir sind ja alle nur Menschen). Aber in zwei Heimspielen in Folge?

AUSSENVERTEIDIGUNG: Nicht regionalligatauglich. Was auf den Außenbahnen von Pätz (links) und Bertram (rechts) geboten wurde, war unterirdisch. Fehlpässe im Spielaufbau, mangelndes Zweikampfverhalten in der Defensive (Bertram vor dem 0:1) – einfach grottenschlecht. Natürlich sind beide Spieler keine gelernten Außenverteidiger, dennoch war das zu wenig. Neben dem Sturm DIE absolute Problemposition von RWE. Sollte der von Essen ausgeliehene Stoppelkamp im offensiven Mittelfeld einschlagen (und nur dann), könnte Schnetzler wie im Vorjahr die rechte Verteidigerposition übernehmen. Aber links? Kühne fällt noch lange aus.

MITTELFELD DEFENSIV: Die Standards von Görke waren zum Vergessen. Die Freistöße flogen in Richtung Weimar, aber keinesfalls aufs Tor. Die Ecken waren der absolute Witz. Jemandem der nicht dabei war, kann man gar nicht mit Worten erklären, mit welcher Präzision die viel zu flachen Ecken in den Strafraum flogen. Immer schön auf den ersten Dresdner Verteidiger, der diese dann (ich vermute mit zunehmender Spieldauer fast gelangweilt) herausköpfen konnte. Auch die langen Einwürfe flogen nach Schema F in den Strafraum. Gefahr? Null!

MITTELFELD AUSSEN: Von Brückner kam nichts, von Brunnemann nicht viel. Mit ein paar Solos deutete Brunnemann seine Gefahr an, konnte mit dem Ball am Fuß auch mal an ein paar Dynamos vorbeigehen, doch von der in der vergangenen Saison ausgestrahlten Torgefahr war nix zu sehen.

MITTFELFELD OFFENSIV: Ronny, Glückwunsch zu Deinem 300. Spiel! Und Danke, für die vielen tollen Tore in der Vergangenheit. Doch mit der Leistung von gestern (und den anderen Spielen in dieser Saison) hast Du in der Regionalliga nichts mehr verloren. Am allerwenigsten auf der (vakanten) Spielmacherposition. Nur ein starker Pass kam von Ronny auf Schnetze, der dann elfmeterreif (?) gefoult wurde. Ansonsten war es gruselig. „Höhepunkt“: Als Ronny nach Brunnemann-Zuspiel (also nach einem Pass eines Mitspielers) kurz vor Schluß getunnelt wurde. Ohne Worte…

STURM: Von Bunjaku nach seiner Verletzung Wunderdinge zu erwarten, wäre falsch gewesen. Entscheidend durchsetzen konnte er sich (noch) nicht, dennoch habe ich hier die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass dieser Mann die dringend notwendige Verstärkung im Sturm darstellt. Und Kumbela? Er war unser bester Feldspieler, brachte das Dynamo-Tor mehrfach ernsthaft in Gefahr. Leider aber versemmelte er mal wieder alle Chancen (Flugkopfball an die Latte, allein vor dem Tor Berbig angeschossen). Und letztlich wird ein Stürmer an Toren gemessen. Dennoch war seine Auswechslung nicht nachvollziehbar.

RESERVESPIELER: Cornelius und der angeschlagene Schnetzler sorgten für Belebung im Offensivspiel, leider kamen sie viel zu spät. Cornelius’ Problem aus meiner Sicht: er spielt nur als Joker gut, konnte, wenn er von Anfang an spielt (Mönchengladbach) keine Akzente setzen.

TRAINER: Kein Thema, die Aufgabe eines Trainers ist es auch, sich schützend vor seine Spieler zu stellen. Doch was Pavel nach dem Spiel so alles erzählt hat, nimmt mir jede Hoffnung, dass irgendwer im Verein den Ernst der Lage erkannt hat. Von einem unverdienten Dynamo-Sieg zu sprechen oder davon, dass RWE den Gast beherrscht hat, ist an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten. Außerdem muss sich der Trainer den Vorwurf gefallen lassen, viel zu spät und falsch ausgewechselt zu haben. Warum er für Cornelius Kumbela raus nahm, Pätz 81 Minuten und viele andere (Ronny, Bertram) 90 Miunten durchstolpern durften, bleibt auch sein Geheimnis.

DER VEREINSVORSTAND: Vieles läuft gut bzw. besser als in der Vergangenheit. Aber manchmal fasst man sich nur noch an den Kopf: Rombach und/oder Beutel hätten sich, bevor sie einen Ronny Trettmann zur Volksbelustigung verpflichten, vielleicht etwas besser mit der Herkunft dieses unterbelichteten Hilfsschülers, bei dessen Auftritt ich mich fragte, aus welcher Klapsmühle der wohl geflohen ist, befassen sollen. Ein Thüringer lacht noch lange nicht über einen Sachsen, schon gar nicht bei einem Derby zwischen zwei Teams aus diesen Bundesländern und erst recht nicht, wenn der Sachse mit seiner Herkunft so hausiert, wie dieser Trettmann. Wann (und warum) wurde die Todesstrafe bloß abgeschafft??? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Mehrzahl der Dynamo-Anhänger auf diesen Menschen stolz ist. Mancher mag die Kritik vielleicht ein bisschen kleinkariert finden, dennoch sind es genau solche Kleinigkeiten, die einfach dazugehören. Oder in diesem Fall eben nicht dazugehören.

DIE FANS: Wir waren nicht besser in Form als die Mannschaft. Ganz, ganz mau. Es kam nicht viel. Von Derbystimmung keine Spur. Die Capos stimmen zu 80 % einfallslos die üblichen Schmähgesänge gegen den Gegner an, alles 08/15 wie immer. Anstatt nur platt den Gegner zu beschimpfen, sollte vielleicht die eigene Mannschaft unterstützt werden. Gesänge, die von anderen Gruppen aus dem Block angestimmt wurden („Wir sind alle Erfurter Jungs“), wurden ignoriert, stattdessen schallte zum x-ten Mal das „Scheiß-Dynamo“ oder das nervige Dy-Dy-Dy-Lied durch das Stadion. Tiefpunkt des ganzen war das „Wir fahren Fahrrad ohne Dynamo“ – schwachsinnig und sinnlos.

FAZIT: Alles scheiße, bis in zwei Wochen zum Wuppertal-Spiel!

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