12.05.2014

Martin Kaymer – Players Champion 2014


Mehr Text ist eigentlich gar nicht nötig – die Überschrift sagt alles. :-) Dennoch bedarf der zweite PGA Tour-Sieg in Martins Karriere doch einiger Worte mehr. Denn nach einer langen Zeit der Erfolglosigkeit, der Enttäuschungen, verpassten Cuts und hinteren Plätze ist die ehemalige Nummer 1 wieder da. Und wie!

Es war schon dunkel in Ponte Vedra Beach als Martin um 20:15 Uhr Ortszeit den entscheidenden Putt zum Sieg beim wichtigsten Turnier nach den Majors lochte. Bis es so weit war, hatte die Golfnacht (02:15 MESZ) mich aber einiges an Nerven gekostet. Doch gehen wir chronologisch vor: Nach seiner 63er-Rekordrunde vom Donnerstag (Einstellung des Platzrekordes; erster Spieler, der die Front Nine im TPC Sawgrass unter 30 spielt) konnte Martin seine Führung am Freitag mit einer 69 gegenüber der Konkurrenz ausbauen. Mit einer Ausnahme: US-Jungstar Jordan Spieth kam bis auf einen Schlag an Martin ran. Und diesen Schlag verlor Martin am Samstag auf dem 18. Grün, als er einen schwierigen Par-Putt nicht lochen konnte. Beide gingen also gleich auf liegend in die Schlussrunde. Dort spielten sie parallel das (planmäßige) Birdie auf der Zwei. Spieth gelang auf der Vier ein weiterer Schlaggewinn und ging nun erstmals in Führung. Doch es sollte das letzte Mal sein, dass der Amerikaner an diesem Tag als „Leader“ ausgewiesen war. Denn während Kaymer weiter Par um Par spielte, leistete sich Spieth auf der Fünf, der Acht und der Zehn Bogeys und fiel wieder hinter seinen deutschen Konkurrenten zurück. Und weil Kaymer im Gegensatz zu Spieth die Par-5-Löcher Neun und Elf zu Birdies nutzte, geriet der US-Boy aussichtslos ins Hintertreffen. Vielmehr kristallierte sich dessen Landsmann Jim Furyk, der einige Löcher vor dem Schlussduo unterwegs war, dank seiner 66er-Schlussrunde als ernsthaftester Konkurrent des Rheinländers heraus. Weil Kaymer aber Loch für Loch sichere Pars spielte, betrug sein Vorsprung auf Furyk scheinbar beruhigende drei Schläge, als es auf die 15 ging. Doch nun griffen höhere Mächte in den Kampf um den Players-Sieg ein. Die Uhr zeigte in Deutschland kurz nach Mitternacht, als wegen einer nahenden Gewitterfront das Spiel unterbrochen werden musste. Martin wurde in seinem guten Lauf unterbrochen, ich sah meine ohnehin schon kurze Nachtruhe noch weiter zusammenschrumpfen. Zudem drohte die Fortsetzung am Montag, was für mich nichts anderes bedeutet hätte, als das ich den wahrscheinlichen Sieg Kaymers nicht hätte live sehen können. Zunächst lenkte ich mich mit dem Ende von Spiel 4 der NBA-Play-Offs zwischen Oklahoma City und den Clippers ab. Auch nett, weil Frank Buschmann, der wahnsinnigste und beste Basketball-Kommentator auf diesem Planeten ein letztes Mal auf spox.com kommentierte. Die Clippers gewannen, Buschmann rastete vollkommen aus (Ratatatatata!!!) und zumindest das Gewitter verzog sich aus Ponte Vedra Beach. Viertel Zwei gings weiter. Und was nun kam, machte einen fertig. Martin machte mich fertig. Die letzten vier Löcher begann er mit einem Doppel-Bogey auf der 15. Erster Schlag in den Wald, zweiter ins Rough, Pitch in den Bunker, Bunker-Schlag (sonst während des ganzen Turniers brilliant) unendlich weit weg von der Fahne, erster Putt knapp daneben = Doppel-Bogey und Furyk, das ganze gemütlich im Clubhaus verfolgend, war plötzlich nur noch einen Schlag zurück. Dann die 16, Par 5. Den ersten ordentlich, mit dem zweiten die Fahne attackiert. Länge okay, leider viel zu weit links. Der Ball lag aus Martin's Sicht wohl so ungünstig, das er nicht chippen  wollte (was er auf der anschließenden PK als großen Fehler bezeichnete), sondern aus recht hohem Gras bergauf einen Putt versuchte. Das ging kräftig in die Hose, viel zu kurz, zweiter Putt knapp daneben, den dritten eingelocht. Auf der 16 nur ein Par, statt den Vorsprung wieder auszubauen hatte er ihn mit Mühe und Not verteidigt. Kaymer hatte die Unterbrechung nicht gut getan. 1:45 Uhr. Abschlag 17. Das berühmte Insel-Grün. Kaymer hat Mega-Glück. Der Ball fliegt gerade so auf’s Grün, springt dazu so unglücklich ab, dass er über eine Welle richtig Geschwindigkeit bekommt. Der Ball rollt, wird schneller, rollt, rollt. Ich bin ehrlich. Ich sehe ihn im Wasser, Furyk mit dem 1,8-Millionen-Dollar-Scheck in der Hand und Kaymer den Wettergott mit seinen Eisen durch Florida jagen. Doch der Ball hält an. In der nur wenige Zentimeter breiten Roughkante des Inselgrüns bleibt der Ball hängen. Zentimeter vor dem Abgrund. Der Ball bleibt trocken, Kaymer kann chippen. Aber wie chippt er denn?? Viel zu kurz, der Ball bleibt oben auf der Welle hängen. Kaymer hat das Momentum komplett verloren. Immer wieder der Blick zu Furyk ins Clubhaus, der sich jetzt gedanklich auf ein Stechen am Montag einstellt. Denn es war mittlerweile so dunkel geworden, dass entschieden wurde, ein eventuelles Stechen auf Montag zu verschieben. Aber Kaymer behielt den Durchblick. Denn plötzlich war es wieder da. Das berühmte Momentum. Er lochte diesen irren Putt vom Hügel nach unten rechts tatsächlich. Sechs Meter? Acht? Zehn? Keine Ahnung (mittlerweile weiß ich, dass es 28 Fuß, knapp acht Meter waren)! Als alles verloren schien, war Martin wieder da. Und Furyk, der bereits vor Wochenfrist in Charlotte Zweiter geworden war, nickte im Sessel anerkennend. Mit einem Schlag Vorsprung ging Martin auf die 18. Es war richtig duster jetzt. Abschlag gerade aufs Fairway. Top! Der Zweite etwas zu kurz, bleibt vor dem Grün liegen. Der Putt gut, riskant, direkt das Loch angegegriffen, rollt knapp vorbei. Ein Meter. Machbar. Dann der Putt zum Sieg. Drin! 02:15 Uhr. Geschafft! Das Comeback gelungen! Endlich wieder einfach Golf gespielt anstatt über den Schwung nachzudenken. Es folgte ein kurzes, aber emotionales Siegerinterview! Weil seine Mutter Rina vor sechs Jahren an Krebs gestorben war, war Kaymer den Tränen nahe, als ihn der US-Kollege auf den Muttertag ansprach. In Erinnerung an seine Mutter zierte eine Sonnenblume, deren Lieblingsblume, das Bag des Rheinländers.

Dank des Sieges verbessert sich Martin in der Weltrangliste vom 61. auf den 28. Platz sowie im FedExCup um 96 Plätze auf Rang 18. Die Punktzahl sollte reichen, um in den Fed-Ex-Cup-Play-Offs sicher bis zur BMW Championship zu kommen, die Tour Championship in Atlanta darf man nun als realistisches Ziel betrachten. Zudem hat er seine PGA-Tour-Karte bis 2019 abgesichert, bis zum gleichen Jahr erhält er Einladungen zum Masters nach Augusta. Und nicht vergessen darf man den Ryder Cup Ende September. In der World Points List liegt er nun ganz heiß im Rennen, knapp vor Ian Poulter auf einem der fünf automatischen Startplätze.

Der Aufwärtstrend bei Martin hatte sich schon in den Vorwochen zart angekündigt. Den schwachen Vorstellungen zu Jahresbeginn (Missed Cuts in Houston und bei der Honda sowie ein 58. Platz in Doral) folgten die Plätze 31 (Masters), 23 (RBC Heritage) und 18 am vergangenen Wochenende bei der Wells Fargo. Dort spielte er bis zum Beginn der Schlussrunde sogar um den Sieg mit, brach dann aber am Sonntag ziemlich. Den Titel bei der Wells Fargo sicherte sich J. B. Holmes. Auch so eine Wahnsinns-Geschichte! Der Amerikaner musste sich Ende 2011 wegen der Chiari-Malformation einer Gehirn-Operation unterziehen. Weil er allergisch auf die eingesetzte Titanplatte reagierte, folgte einen Monat später eine weitere Operation. Nun feierte der Spieler, der einst schneller als kein anderer Spieler vor ihm seine erste Million Dollar Preisgeld auf der PGA Tour verdient hatte und Mitglied des letzten siegreichen US-Ryder-Cup-Teams 2008 war, ein grandioses Comeback auf der großen Tour-Bühne.

Am kommenden Wochenende kehrt die PGA Tour nach Texas zurück, wo in Irving, einem Vorort von Dallas die HP Byron Nelson Championship ausgetragen wird. Players Champion Martin Kaymer ist ebenso am Start wie Keegan Bradley, Jason Dufner, Dustin Johnson, Louis Oosthuizen, Patrick „Nr. 5“ Reed, Charl Schwartzel, Jordan Spieth, Jimmy Walker oder der momentan vollkommen außer Form spielende Brandt Snedeker. Titelverteidiger ist Sang-Moon Bae aus Südkorea, Martin Kaymer gelang 2013 als geteilter Fünfter sein bestes PGA-Tour-Resultat des Jahres.

Ein tragischer Zwischenfall ereignete sich am Wochenende bei der wegen Nebels auf zwei Runden vekürzten Madeira Islands Open auf der portugiesischen Blumeninsel. Beim Sieg des Engländers Daniel Brooks (erster Tour-Sieg) war der Caddy des Schotten Alastair Forsyth, Ian MacGregor auf der 9. Spielbahn zusammengebrochen und 52-jährig an Herzversagen gestorben. Was die Verantwortlichen der European Tour geritten hat, das Turnier nicht abzubrechen sondern die zweite Runde durchzuprügeln, bleibt deren trauriges Geheimnis. Leidiglich Paul Lawrie zog zurück, alle anderen Spieler, sogar Forsyth, spielten nach einer Schweigeminute und kurzer Beratschlagung weiter. Der Linksgolfer schrieb passenderweise von einer Schande, auch viele Spieler äußerten via Twitter ihren Unmut über die Entscheidung der Turnierverantwortlichen.

In dieser Woche gastiert die European Tour zur Open de España im katalanischen Girona. Neben allen spanischen Spitzenspielern (Sergio Garcia, Miguel Angel Jimenez, Gonzalo Fernandez Castano usw.) sind mit Matteo Manassero oder Victor Dubuisson weitere European Tour-Größen ebenso am Start wie die deutschen Professionals Marcel Siem und Max Kieffer. Vielleicht nehmen sie sich an Martin Kaymer ein Beispiel!

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