14.03.2012

Wer ist der beste Golfer der Welt?

Nach dem ein oder anderen Strauß Blumen für meinen ersten Golfartikel möchte ich heute mal die Frage aufwerfen, wer denn der beste Golfer der Welt ist bzw. ob man dies überhaupt seriös beantworten kann. Denn, wie im ersten Artikel geschrieben, konkurrieren ja mit der PGA und der European Tour zwei Turnierserien parallel und nahezu auf Augenhöhe. Dazu kommen noch zahlreiche kleinere Serien. Auf den ersten Blick könnte man also meinen, dass die Situation vergleichbar mit dem Profi-Boxen ist, wo man ja auch nur schwer sagen kann, wer momentan der beste Boxer der Welt ist, da jeder der großen Verbände seine eigenen Weltmeister krönt.

Während es im Profiboxen aber keine offizielle, einheitliche Weltrangliste gibt (es gibt nur sog. unabhängige Ranglisten), existiert eine solche im Golfsport: das OWGR, das Official World Golf Ranking, im Deutschen meist als Golfweltrangliste bezeichnet. Im OWGR fließen die Resultate der vier Major-Turniere und die Ergebnisse der anderen Turniere auf den Profi-Golftouren ein. Das OWGR basiert auf Punkten, die bei den Turnieren verteilt werden. Die Punkte richten sich nach verschiedenen Kriterien:

- Zugehörigkeit zu welcher Tour
- Art des Turniers
- Qualität der teilnehmenden Spieler

Für einen Sieg bei einem der vier Major-Turniere erhält ein Spieler 100 Punkte. Mehr Punkte kann ein Spieler nirgendwo erzielen, die Major-Turniere sind also entsprechend ihrer Bedeutung auch die für das OWGR wertvollsten Turniere.

Viele Punkte kann ein Spieler auch bei den vier WGC-Turnieren (siehe erster Artikel) sammeln, da ja auch hier die besten Spieler aller Touren gemeinsam antreten. So erhielten die Sieger der ersten beiden WGC-Turniere in diesem Jahr, Hunter Mahan und Justin Rose, 76 bzw. 78 Punkte für ihren jeweiligen Sieg.

Bei der dritten Kategorie, den regulären Turnieren, ist die Streuung der Punktzahlen sehr groß. Die Unterschiede liegen zwischen 20 (für den Sieg bei den „Africa Open“ auf der European Tour) und 80 Punkten für den Sieg bei der „Players Championship“ auf der PGA Tour, dem wichtigsten regulären Turnier im Golf. Auf den kleineren Touren gibt es teilweise noch weniger Punkte, weil die Qualität des Spielerfeldes oder einfach das Renomee der Tour insgesamt bedeutend schwächer ist.

Generell muss man sagen, dass die regulären Turniere auf der PGA-Tour etwas höher bewertet sind als die auf der European Tour. Das liegt auch daran, dass einige starke europäische und internationale Spieler häufiger (teilweise sogar fast ausschließlich) reguläre Turniere auf der PGA-Tour spielen als umgedreht US-Amerikaner bei regulären Turnieren in Europa anzutreffen sind. Der letztgenannte Fall ist sogar die absolute Ausnahme, die Amerikaner meiden Europa in der Regel.

Auf allen Turnieren erhalten die nächstplatzierten Spieler prozentual abgestuft weniger Punkte. Der Zweite erhält 60 % der Punkte des Siegers, der Zehnte 14 % und der 60. erhält immerhin noch 1,5 %.

Alle Punkte, die in den letzten zwölf Monaten erzielt wurden, werden zusammenaddiert und durch die Anzahl der gespielten Turniere geteilt. Der Quotient ergibt dann die Punkte in der Golfweltrangliste.

Keine Punkte (und übrigens auch kein Preisgeld) gibt es für Erfolge bei den Mannschaftswettbewerben. Hier spielen die Profis nur um Ruhm und Ehre für ihren Kontinent.

Zur Zeit ist der Nordire Rory McIlroy der Führende im OWGR. Vor zwei Wochen übernahm er die Führung vom Engländer Luke Donald und war damit der zweitjüngste Spieler (jünger war nur Tiger Woods), der jemals die Nr. 1 im OWGR war. Wenn ich schon einmal bei den Rekorden und Zahlen bin, will ich mit einigen noch um mich werfen. Bisher gab es 16 Spieler, die es an die Spitze der 1986 eingeführten Weltrangliste geschafft haben, mit Bernhard Langer (der sogar der allererste Erste war) und Martin Kaymer (der 2011 für acht Wochen die Nummer 1 war) waren auch zwei Deutsche darunter. Kein Spieler hat sich solange an der Spitze des OWGR gehalten wie Tiger Woods. Mit 623 Wochen wird er den Rekord noch sehr lange halten. Zum Vergleich: am zweitlängsten schaffte es Australiens Golf-Legende Greg Norman (331 Wochen), der beste noch auf der Tour aktive Spieler ist der Luke Donald (40 Wochen). Es wird also noch mindestens 583 Wochen (und damit mehr als elf Jahre) dauern, bis Woods dieser Rekord frühestens abgenommen werden kann. Und Woods spielt ja selber noch mit, ist zur Zeit 18. im OWGR. Realistisch ist, dass Woods diesen Rekord noch wesentlich länger halten wird.

Welche Aussagekraft hat das OWGR? Wie so viele Weltranglisten gibt es auch im OWGR einige Kuriositäten. So war der schon vierfache Major-Sieger Phil Mickelson (USA) noch nie die Nr. 1 der Welt, während Lee Westwood und Luke Donald (noch) nie ein Major gewonnen haben und trotzdem schon an der Spitze des OWGR standen. Da die Ergebnisse der letzten zwölf Monate einfließen, kann sich ein Golfer lange an der Spitze bzw. im Spitzenbereich behaupten, obwohl er keine Turniere spielt oder nur schlechte Ergebnisse einfährt. So war Tiger Woods noch bis Oktober 2010 die Nummer 1 der Welt, obwohl er, nach dem Bekanntwerden seiner Sexsucht im Herbst 2009 (Tigergate) im gesamten Jahr 2010 nur zwei geteilte vierte Plätze bei den ersten beiden Majors, aber kein einziges weiteres Top-10-Ergebnis aufweisen konnte. Dennoch ist das OWGR aus meiner Sicht ein relativ nützliches Werkzeug, um die Leistungen der Spieler vergleichbarer zu machen. Eines muss man aber bedenken: die Leistungsdichte im Golf ist wesentlich höher als in anderen Sportarten. Der derzeitige Fußball-Weltranglisten-72. Haiti dürfte wohl gegen Spanien nicht den Hauch einer Chance haben. Im Golf ist es dagegen vollkommen realistisch, dass ein Spieler aus diesem Bereich der Golf-Weltrangliste, ein Turnier gewinnt oder eine vordere Platzierung belegt.

Soviel zum OWGR, das jeden Montag frisch berechnet wird. Den aktuellen Stand gibt’s immer HIER.

Beim nächsten Mal stelle ich euch einige reguläre Turniere auf den beiden großen Touren (PGA und European Tour) vor. Einige Plätze, auf denen diese Turniere gespielt werden, habt ihr (okay, nur auf der PS3 ;-)) sogar schon selbst bespielt.

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