02.10.2013

Neureiche beim FedExCup und der Ryder Cup für Arme



Mit meinem Rückblick auf das aktuelle Golfgeschehen habe ich (schon wieder) ein paar Tage gewartet. Diesmal, damit Henrik Stenson in Ruhe sein Geld zählen kann. Der Schwede knackte nämlich vorletzten Sonntag im East Lake Golf Club den Jackpot. Mit einer Souveränität, dass man von einem ungefährdeten Start-Ziel-Sieg sprechen darf, gewann er die Tour-Championship und kassierte für den Turniersieg 1,44 Millionen Dollar. Und weil er vor dem Beginn des letzten Turniers der Saison 2013 unter den Top Five im FedEx-Cup-Gesamtstand lag, war der Sieg gleichbedeutend mit dem Gewinn des FedEx-Cups, was weitere zehn Millionen Dollar auf das Konto von Stenson spülte. Und selten war ein FedEx-Cup-Sieg so verdient wie in diesem Jahr. Okay, Tiger hat fünf Turniere gewonnen, Scott gewann das Masters und ein Play-Off-Turnier, Snedeker hatte einen brillianten Saisonstart. Aber was Henrik Stenson dieses Jahr leistete, war schlicht und ergreifend beeindruckend. Im Sommer fuhr er innerhalb von vier Wochen bei drei absoluten Top-Turnieren zwei zweite Plätze (Open Championship, WGC-Bridgestone Invitational) und den dritten Platz bei der PGA Championship ein. Als alle schon vom „Runner-Up-Trauma“ sprachen folgte bei der Deutsche Bank Championship dann endlich der lange verdiente und dank der fünffachen Punkte in den Play-Offs auch sehr gut getimte Sieg. Stenson schob sich in die Top Five der Gesamtwertung und der Rest der Geschichte ist oben beschrieben. Naja, vielleicht noch nicht ganz. Denn Stenson gönnt man den Berg Dollars noch aus einem anderen Grund. Vor ein paar Jahren hatte der Schwede einen nicht unbeträchtlichen, siebenstelligen Geldbetrag verloren, weil er bei Immobiliengeschäften einem Betrüger auf den Leim gegangen war.

Da bereits nächste Woche mit der frys.com-Open in Kalifornien die neue Saison (erstmals schon im Herbst) und damit das Rennen um den FedEx-Cup 2014 beginnt, bleibt für die Profis kaum Zeit zum durchatmen. Zumal sich die Top 12 aus den Staaten und der weiten Welt (ohne Europa) kommendes Wochenende auch noch zum Presidents Cup in Ohio treffen. Dazu gleich mehr, vorher noch fix eine ganz kurze Saisonbilanz zur PGA Tour 2013. Zu den Gewinnern des Jahres zählt natürlich (auch ohne Major-Sieg) Tiger Woods. Er gewann fünf hochkarätige Turniere (2xWGC, die Players, Arnold Palmer und in Torrey Pines) und kehrte an die Spitze der Weltrangliste zurück. Bockstark auch Brandt Snedeker, der im Frühjahr in Pebble Beach gewann und weitere Top-Platzierungen einfuhr, bevor er von einer Verletzung gestoppt wurde, dann aber im Sommer bei den Canadien Open triumphierte. Auch Phil Mickelson muss genannt werden. Lefty gewann gleich zu Beginn des Jahres in Phoenix, war der tragische Held der US Open, als er dort zum sechsten (!) Mal Zweiter wurde, nur um im Juli zum König von Schottland gekrönt zu werden. Erst siegte er bei der Scottish Open (auf der European Tour) und sieben Tage später feierte er bei der Open Championship seinen fünften Major-Titel. Apropos Majors: Mit Ausnahme von Phil Mickelson gab es nur erstmalige Major-Sieger. Adam Scott (Masters), Justin Rose (US Open) und Jason Dufner (PGA Championship) verewigten sich im Golf-Olymp. Und dann wäre da noch einer zu nennen, den im Januar kein Mensch kannte. Jordan Spieth. Über den neuen Wunderknaben hatte ich nach seinem Sieg bei der John Deere Classic schon ein paar Worte geschrieben. Ein Wahnsinns-Jahr für den 20-jährigen. Im Januar ohne Tour-Karte dastehend, erhielt er ein paar Sponsoreneinladungen zu Turnieren, erspielte dabei soviel Geld für eine temporäre Mitgliedschaft, nutzte diese zu seinem Turniersieg, hatte plötzlich die zweijährige, volle PGA-Tour-Mitgliedschaft sicher und spielte sich auch noch bis zur Tour Championship durch die Play-Offs. In Atlanta wurde er geteilter Zweiter und stand am Ende in der Gesamtwertung des FedEx-Cups auf Rang Sieben. Was für ein Märchen. Leider nur eine Horrorgeschichte, und damit sind wir bei den Verlierern des Jahres, war 2013 für Rory McIlroy. Hatte er in 2012 noch dominiert (Honda Classic, PGA Championship, zwei Play-Off-Turniere gewonnen, Money-Leader der PGA und European Tour) bekam der Nordire dieses Jahr kein Bein auf den Boden. Tiefpunkt war sicher seine Aufgabe bei der Honda Classic im März, als er in der 2. Runde, hoffnungslos hintenliegend, seine Schläger eintütete und vom Platz verschwand. Doch auch danach wurde es nicht wesentlich besser, ein zweiter Platz bei der Texas Open machte Hoffnung auf Besserung, die aber leider nicht eintrat. Er wurde 25. beim Masters, 41. bei der US Open und verpasste in Europa bei der Open, der Irish Open und in Wentworth jeweils den Cut. Mit einer desolaten BMW Championship verspielte er die letzte (ohnehin nur sehr theoretische) Chance auf die Tour Championship. Rory gönnt sich nun eine mehrwöchige Pause und versucht beim Asian Swing der European Tour ab Mitte Oktober wieder sein Glück. Die Gründe sind schwer zu auszumachen. Zunächst wurde viel auf seine neue Ausrüstung (Nike) geschoben, dann sahen ihn einige Experten (wegen seiner Beziehung zu Tennisprofi Caroline Wozniacki) zu oft in den Klatschblättern anstatt auf dem Golfplatz. Für McIlory muss es in 2014 darum gehen, seine Karriere wieder in die richtige Richtung zu lenken. Vielleicht sollte er dafür das ein oder andere Turnier mehr spielen, anstatt mehrwöchige Pausen zwischen seine Auftritte zu legen. Ebenfalls nicht zufrieden dürften Spieler wie Bubba Watson, Rickie Fowler, Martin Kaymer oder Nicolas Colsaerts sein, die die Tour Championship mehr oder weniger deutlich verpassten. Schwach auch das Jahr vom Südafrikaner Louis Oosthuizen, der aber auch mit einigem Verletzungspech zu kämpfen hatte.

Die European Tour beendet ihre Saison erst mit der Dubai World Championship Mitte November. Bis dahin stehen noch einige tolle Turniere auf dem Plan. Am letzten Wochenende fand die renomierte Alfred Dunhill Links Championship, die als ProAm in St. Andrews, Kingsbarns und Carnoustie, also drei äußerst feinen Linksplätzen in Schottland ausgetragen wird, statt. Beim Sieg des Engländers David Howell wurde Martin Kaymer geteilter Siebenter. Vor der Schlussrunde war er noch Zweiter, doch die 71 am Sonntag war leider zu wenig. Einige Europäer, die auf der PGA Tour engagiert sind, schwänzten das Turnier leider, darunter mit Rose, Westwood, Donald, Poulter, McIlroy und McDowell die komplette britische Elite. Dafür sind die Südafrikaner um Els, Schwartzel, Oosthuizen und Titelverteidiger Brenden Grace vollzählig vertreten. Dennoch reichte es nur zu einem OWGR-Wert von 36. Enttäuschend für ein Turnier, wo es früher ob des attraktiveren Starterfeldes immer 50 und mehr Punkte zu verdienen gab. Aber, und das habe ich dieses Jahr ja schon öfter geschrieben, die European Tour durchlebt schwere Zeiten. Dennoch wurde in Schottland für European Tour-Verhältnisse ein üppiges Preisgeld ausgeschüttet. Daher war das Turnier für Spieler wichtig, die noch ein paar Euros brauchen, um unter die Top 60 der europäischen Geldrangliste (Race tor Dubai) zu kommen. Denn nur die besten 60 dürfen dann im November an der Dubai World Championship, dem Finalturnier, teilnehmen. Max Kieffer konnte die Chance leider nicht nutzen, er verpasste den Cut. In der Woche zuvor hatte er als geteilter 14. der Open d’Italia ein paar Euros verdient, dennoch dürfte er es schwer haben, als momentan 77. im Race to Dubai noch den notwendigen Sprung zu schaffen, da er für die der Dubai World Championship vorgeschalteten Final Series (wo es richtig Kohle zu verdienen gibt), kaum einen Startplatz ergattern dürfte.

In Amerika waren die Blicke am letzten Wochenende nach Ponte Vedra Beach im Norden Floridas gerichtet. In unmittelbarer Nähe zum TPC Sawgrass, wo im Mai alljährlich die berühmte Players Championship ausgetragen wird, fand das Finalturnier der web.com-Tour statt. Es ging um 25 Karten für die kommende PGA-Tour-Saison. Marcel Siem lag vor dem Turnier noch im Rennen, aber nach zwei verpassten Cuts und einem durchschnittlichen Top25-Ergebnis war es bereits vorher klar, dass er richtig einen raushauen muss (Top 7), um endlich die begehrte Eintrittskarte zur PGA Tour zu erhalten. Leider verpasste Marcel den Cut und kündigte auf seiner Facebook-Seite schwer enttäuscht die vorübergehende Rückkehr nach Europa an. Im Race to Dubai hat er durch seinen langen Amerika-Aufenthalt einiges an Boden gutzumachen, die Final Series und die Dubai World Championship wird er aber locker schaffen. Mit einigen guten Platzierungen könnte er sich unter die Top 50 der Welt zurückspielen. Und das ist ja sehr wichtig, denn wer am 31.12. dort ist, darf automatisch am Masters teilnehmen.

Zum Abschluss noch ein Blick ins kommende Wochenende. Wie oben schon angedeutet, findet in Muirfield Village in Columbus (Ohio) der Presidents Cup statt. Spötter nennen ihn auch Ryder Cup für Arme. Das US-Team trifft auf die besten internationalen Spieler (ohne Europa). Das Event wurde auf Initiative der PGA Tour gegründet und 1994 erstmals ausgetragen, in diesem Jahr findet also die zehnte Ausgabe statt. Von den bisherigen neun Turnieren gewannen die US-Golfer sieben, einmal (1998) siegten die Internationals, 2003 wurde der Sieg geteilt, weil Ernie Els und Tiger Woods so lange um den Sieg stochen, bis es zu dunkel wurde und sich die Kapitäne auf ein Remis einigten. Das Format ist das gleiche wie im Ryder Cup. Freitags und Samstags gibt es jeweils zwei Vierer, Sonntag werden die abschließenden Einzel gespielt.

Auch in diesem Jahr ist das US-Team der haushohe Favorit (und zumindest im Presidents Cup werden sie dieser Rolle auch meistens gerecht), der schlechteste Spieler ist Weltranglisten-28. Kapitän Fred Couples schickt Tiger Woods, Brandt Snedeker, Phil Mickelson, Matt Kuchar, Jason Dufner, Keegan Bradley, Steve Stricker, Bill Haas, Hunter Mahan, Zach Johnson (alle über die Punkteliste sportlich qualifiziert), Webb Simpson und Rookie-Sensation Jordan Spieth (beide Captain’s Pick) ins Rennen. Insbesondere die Nominierung von Spieth ist umstritten. Zwar spielte der eine unfaßbare Saison (siehe oben), mit Jim Furyk (der allerdings beim Ryder Cup 2012 ziemlich versagt hatte) oder Dustin Johnson mussten dafür aber etablierte, und diese Saison ebenfalls formstarke Spieler zu Hause bleiben. Ein nicht unerheblicher Grund für Couples Entscheidung dürfte aber auch gewesen sein, dass Spieth beim (weniger prestigeträchtigen) Presidents Cup Erfahrungen sammeln kann, die sich zukünftig beim Ryder Cup positiv auswirken könnten. Und Spieth’s zweiter Platz bei der Tour Championship war wohl Beweis genug, dass Couples alles richtig gemacht hat.

Die Internationals werden von Captain Nick Price aus Simbabwe angeführt. Neben den zehn über die Weltrangliste qualifizierten Spielern Adam Scott, Jason Day (beide Australien), Charl Schwartzel, Ernie Els, Louis Oosthuizen, Branden Grace, Richard Sterne (alle Südafrika), Hideki Matsuyama (Japan), Graham DeLaet (Kanada) und Angel Cabrera (Argentinien) nominierte Price seinen Landsmann Brendon de Jonge und den Australier Marc Leishman als Captain’s Picks. Gleich acht Spieler sind in der Weltrangliste hinter dem schlechtesten Amerikaner qualifiziert. Mit Scott, Day und Matsuyama, die eine wirklich starke Saison gespielt haben und den in den FedExCup-Play-Offs bärenstarken DeLaet und de Jonge sind auch die Internationals zu beachten. Dennoch sollte die Klasse der Amerikaner ausreichen, um den Cup zu verteidigen. Nächstes Jahr in Gleneagles gibt’s dann wieder auf die Mütze... ;-)

Der große Seve Ballesteros, der ja ein leidenschaftlicher Anhänger dieser Team-Wettbewerbe war, erfand im Jahr 2000 die Seve Trophy. Die europäischen Golfer, die während des Presidents Cups (flapsig gesagt) nix zu tun haben, sollten sich in einem innerkontinentalen Wettbewerb messen. Und so ließ Seve die besten Kontinentaleuropäer gegen die Top-Spieler von den britischen Inseln antreten. Bei den bisherigen sieben Ausgaben siegten sechs Mal die Insulaner, nur die allererste Austragung 2000 gewannen die Jungs vom Festland. An diesem Wochenende findet das Turnier zum insgesamt achten Mal statt, zum dritten Mal in Folge auf dem Golf de Saint-Nom-la-Bretèche bei Paris. Leider, und damit sind wir (schon) wieder bei der Krise der European Tour, haben mit Justin Rose, Rory McIlroy, Graeme McDowell, Luke Donald, Lee Westwood und Ian Poulter (für die Briten&Iren) sowie Henrik Stenson und Sergio Garcia (für die Kontinentaleuropäer) alle europäischen Top-30-Spieler (also die acht besten Profis Europas) vollständig abgesagt. Auch die ebenfalls qualifizierten Martin Laird, Jonas Blixt und Martin Kaymer verzichten auf einen Start. Das hat zur Folge, dass im besonders von Absagen betroffenen britisch-irischen Team gleich fünf Spieler mitwirken, die nicht in den Top-100 der Weltrangliste zu finden sind. Außer Paul Lawrie spielen die wenigen verbliebenen Stars alle für das kontinentaleuropäische Team, dass sich mit Matteo Manassero, Miguel Ángel Jiménez, Francesco Molinari, Nicolas Colsaerts oder dem formstarken Joost Luiten berechtigte Hoffnungen machen darf, den Pokal mal wieder aufs Festland zu holen.

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