20.08.2013

Starke Frauen: Charley, Justine & Lady Liberty


Heuer beginnt unsere Reise über den Golfplaneten in Colorado. Beim zarten Geschlecht. Und das haben sich die Ladies auch mehr als verdient. Denn erstmals gewann das europäische Solheim-Cup-Team ein Match auf amerikanischem Boden. Beim 18:10-Sieg schrieb das Team um Caroline Masson, die in den Vierern 2,5 Punkte zum Sieg beisteuerte, aber ihr Einzel am Sonntag klar verlor, Golfgeschichte. Dank eines sensationellen 4:0-Sweeps in den Vierern am Samstag nachmittag gingen die Europäerinnen mit einem 10,5:5,5-Vorsprung in die Einzel am Sonntag. Dennoch war mit einem Blick nach Medinah, also in die allerjüngste Golfgeschichte, Vorsicht geboten. Wie schnell sich ein scheinbar aussichtsloser Rückstand in den Einzeln noch aufholen läßt, zeigten die männlichen Kollegen beim Ryder Cup vor nicht einmal einem Jahr. Doch die Europäerinnen ließen nichts anbrennen. Die erste Hälfte der Einzel am Sonntag abend verfolgte ich via Livestream im Internet. Zwar war zunächst eine Menge Rot auf dem Leaderboard, aber ausgerechnet die erst 17-jährige Engländerin Charley Hull gab die Richtung vor. Mit einem 5&4-Sieg demütigte das Küken des europäischen Teams ihre amerikanische Konkurrentin Paula Creamer, die nicht nur schon einen Major-Titel vorweisen kann sondern generell zu den größten Stars des amerikanischen Frauengolf zählt. Als anschließend auch Carlota Ciganda und Caroline Hedwall ihre Einzel gewinnen konnten, war relativ schnell klar, dass eine Aufholjagd der frenetisch angefeuerten US-Girls ausbleiben würde und der Weg für die Europäerinnen zum historischen 18:10-Triumph frei war. Seit dem dieser Modus (vergleichbar zum Ryder Cup) angewendet wird, stellt dies den höchsten Sieg eines Teams dar. Interessante Randnotiz: Teil des US-Teams war übrigens eine gewisse Jessica Korda, Tochter des früheren tschechischen Tennisprofis Petr Korda. Glück für Jessica, dass Papa Petr und seine Frau zum Zeitpunkt ihrer Geburt schon in den Staaten wohnten. Wäre Jessica nämlich nicht in den USA geboren, hätte sie trotz US-Staatsbürgerschaft nicht für das US-Solheim-Team spielen dürfen. Die Regeln, um ins Solheim-Cup-Team zu kommen sind also genauso streng wie für den US-Präsidenten. Keine US-Geburtsturkunde, kein Solheim-Cup, kein Weißes Haus. Korrekter wäre es, zu schreiben, die Regeln sind so streng gewesen, denn ab 2015 ist dann nur noch der US-Pass ausschlaggebend, der Geburtsort ist egal. Apropos 2015: zu ihrer zweiten Titelvertieidigung in Folge treten die Europäerinnen dann übrigens in Deutschland an. Der Solheim-Cup 2015 findet im Golfclub St.Leon-Rot bei Heidelberg statt. Es ist das wichtigste Golf-Ereignis, was jemals in Deutschland stattfinden wird.

Die Herren schlugen in Greensboro, North Carolina bei der Wyndham Championship ab. Das Turnier wird bereits seit den dreißiger Jahren ausgetragen, ist also eines der tradtionsreichsten auf der PGA-Tour. Seit dem das Turnier in der Woche nach der PGA Championship und unmittelbar vor Beginn der FedEx-Cup-Playoffs stattfindet, gönnen sich viele Stars aber eine Auszeit. Interessant ist die Wyndham aber für die Spieler, die noch um einen der 125 Plätze in den Play-Offs überhaupt oder um eine bessere Ausgangsposition für selbige spielen. Auch Martin Kaymer war am Start, als 112. der Rangliste durfte er sich seines Starts beim ersten Play-Off-Turnier zwar ziemlich sicher sein, ein paar weitere Punkte könnten jedoch für den weiteren Play-Off-Verlauf nicht schaden. Nach einer Par-70 am Donnerstag und einer 68 am Freitag stürzte er mit einer 73 am Samstag bis auf Rang 61 ab. Seine Aufholjagd schien ein Rohrkrepierer zu werden, aber dann kam der Sonntag. Eine 63 zauberte Kaymer auf den Platz im Sedgefield Country Club, acht Birdies bei nur einem Bogey, mit der er noch den Sprung auf den geteilten 20. Platz bei der Wyndham und Rang 103 im FedEx-Cup schaffte. Damit hat Kaymer nun eine solide Ausgangsposition für „The Barclays“ am kommenden Wochenende. Alles andere als solide ist die Lage für andere große Namen des Golfsports: Peter Hanson, Nicolas Colsaerts (beide Ryder-Cup-Spieler 2012), die Major-Sieger Padraig Harrington (2xUS Open, PGA-Ch'ship), David Toms (PGA-Ch'ship), Trevor Immelman (Masters), Vijay Singh (Masters, 2xPGA), Louis Oosthuizen (Open Ch'ship) oder Retief Goosen (2xUS Open) haben den Sprung in die Play-Offs verpasst. Nun aber noch zwei Worte zum Sieger des Turniers, Patrick Reed. Der Amerikaner gewann das Stechen gegen den unglaublichen Jordan Spieth, der die Regular Season auf Platz 8 im FedExCup abschließt, nach dem er zu Beginn der Saison noch nicht einmal eine Tourkarte besaß. Ein absolutes Märchenjahr für Spieth. Doch auch Patrick Reed muss sich nicht verstecken. Als 22. und damit letzter Spieler hatte er sich Ende 2012 in der Q-School eine Karte für die PGA-Tour gesichert (eine Möglichkeit, die es ab diesem Jahr nicht mehr gibt, da werden in der Q-School nur noch Karten für die web.com-Tour vergeben), im Stechen verzog er seinen Abschlag so weit nach rechts in die Bäume, dass die Platzrichter ihn zunächst „Out of Bounds“ gaben. Das korrigierten sie freilich, dennoch lag der Ball mitten im Unterholz. Jordan Spieth überlegte sicher schon, wie er den 950.000 $-Preisgeldscheck investiert, als Reed seinen 150-Schlag aus der Wildnis zwei Meter neben die Fahne platzierte. Irre! Der Putt fiel auch und so freute sich Reed, dessen Tasche übrigens von seiner Ehefrau Justine getragen wird, über seinen ersten Toursieg, das Preisgeld, 500 FedEx-Punkte und eine zweijährige Spielberechtigung auf der Tour. Nicht schlecht für einen, der Ende 2012 nach zwei von sechs Q-School-Runden 100 Plätze von der Tourkarte entfernt lag.

Nun der Blick zu den Play-Offs. Diese bestehen aus vier Turnieren:

The Barclays (Top 125 im FedEx-Cup sind spielberechtigt)
Deutsche Bank Championship (Top 100 im FedEx-Cup sind spielberechtigt)
BMW Championship (Top 70 im FedEx-Cup sind spielberechtigt)
The Tour Championship (Top 30 im FedEx-Cup sind spielberechtigt)

Nach jeder Woche wird der Strich also etwas höher gezogen, es scheiden zahlreiche Spieler aus. Da es aber jetzt statt 500 gleich 2500 Punkte für einen Sieg gibt, können auch Spieler, die bisher eine eher diskrete Saison gespielt haben, viele Plätze gut machen. Jeder der 125 für die Play-Offs qualifizierten Spieler hat durch die gegenüber der regulären Saison verfünffachte Punktzahl eine realistische Chance, das Saisonfinale in Atlanta zu erreichen. Das sorgt einerseits für Spannung und zeigt, wie sehr für die Amerikaner, egal in welcher Sportart, Play-Offs zu einer Saison gehören. Andererseits ist der Sieger des FedExCups selten der wirklich beste Spieler der Saison, viel mehr wird der beste Spieler des Spätsommers gekürt, was durch den Punktereset vor der Tour Championship nochmals verstärkt wird. Dazu dann aber vor der Tour Championship mehr. Der Play-Off-Modus stellt also die sportliche Wertigkeit des FedExCups als Jahreswertung etwas in Frage, der Blick auf die Geldrangliste gibt da eine ehrlichere Antwort. Das in dieser Geldrangliste der Sieger aber oft schon vor der Tour Championship feststeht, ist für den Amerikaner an sich langweilig und die Verantwortlichen der PGA Tour schlicht geschäftsschädigend.

Wichtig ist die Play-Off-Serie übrigens auch für die Weltrangliste, da mit wenigen Ausnahmen (z. B. Manassero, Marsuyama) alle Topspieler der Erde Mitglied der PGA Tour sind. Entsprechend stark sind die Teilnehmerfelder, ein Sieg dürfte locker 70 Punkte für Weltrangliste bringen, was die Turniere auf ein Level mit den World Golf Championships hebt.

In dieser Woche steigt also „The Barclays“, das Nachfolgeturnier der legendären Westchester Classic. Das Turnier wird auf verschiedenen Plätzen immer im Großraum New York ausgetragen. Dieses Jahr ist der Liberty National Golf Club in New Jersey der Gastgeber. Der Platz entstand nach der Jahrtausendwende auf einer ehemaligen Müllkippe direkt am Hudson River. Während des Spiels bieten sich immer wieder grandiose Ausblicke auf die Skyline New Yorks am gegenüberliegenden Hudson-Ufer, Annäherungsschläge kann man an der Freiheitsstatue ausrichten. Das schützte den an sich phänomenalen Platz jedoch nicht vor heftiger Kritik der Profis, die ihn, nachdem 2009 erstmals das Barclays hier ausgetragen wurde, als unfair bezeichneten und auf das heftigste kritisierten. Die Spielbahnen waren den Profis zu lang, die Fairways angesichts zahlreicher Bunker und Wasserhindernisse zu eng. Hinzu kommt der vom Hudson in aller Regel heftig wehende Wind. Im Ergebnis war der Platz auch statistisch der schwierigste des Jahres 2009, nur 55% aller Grüns wurden „in regulation“ getroffen, lag man abseits des Fairways verringerte sich die Quote auf knapp 35 %. Das Prädikat „Unfair“ wollten die Verantwortlichen nicht auf sich sitzen lassen und bauten den Platz an vielen Stellen um. Fünf Spielbahnen wurden verkürzt, einige Grüns etwas ebener gestaltet und die Fairways erweitert, um die Folgen des starken Windes etwas abzumildern. Mit diesen Veränderungen und der spektakulären Kulisse im Hintergrund dürfen wir uns auf eine grandiose Barclays freuen.

Von den 125 qualifizierten Spielern nehmen 123 in New Jersey teil. Es besteht nämlich keinesfalls eine Teilnahmepflicht für die Profis an den Play-Off-Turnieren, die möglichen Folgen, insb. das Abrutschen in der Rangliste, müssen die Spieler aber selber verantworten. Abgesagt haben Zach Johnson, der das Wochenende als Trauzeuge bei der Hochzeit seines Bruders verbringt und Steve Stricker, der seine Teilzeit-Strategie also auch in den Play-Offs fortsetzt. Als 18. bzw. 20. im FedExCup-Ranking sind beide aber nicht gefährdet, die nächste Runde, die Deutsche Bank Championship, zu verpassen. Einige (vielleicht am Ende entscheidende) Plätze dürften sie im Kampf um die Qualifikation für die Tour Championship aber verlieren. An die Tour Championship denkt Martin Kaymer sicher noch nicht, als momentan 103. des FedExCups muss er auf dem Liberty National erstmals versuchen, in der Rangliste mindestens drei Spieler zu überholen, am besten natürlich noch ein paar mehr um sich für die folgenden Turniere eine gute Ausgangsposition zu verschaffen. Möglich ist das, wenn er in seinem klar erkennbaren Aufwärtstrend jetzt zum Feinschliff ansetzt. Insbesondere wäre es wichtig, nicht, wie bei der PGA Championship und der Wyndham zuletzt passiert, wieder eine Runde total in den Sand zu setzen. Den Ausreißer nach unten abstellen, die Ausreißer nach oben möglichst beibehalten, dann steht einer Topplatzierung auch bei diesem Weltklassefeld nichts im Weg. Und wir dürften uns kommende Woche auf die Deutsche Bank Championship mit Martin Kaymer freuen.

Vollkommen im Schatten agiert die European Tour im Spätsommer. Immerhin findet diese Woche mit der Johnnie Walker Championship im schottischen Gleneagles mal wieder ein reguläres Turnier statt. Bei Gleneagles müsste es gleich klingeln, denn im kommenden Jahr wird dort der Ryder Cup ausgetragen. Fast alle Top-Spieler der European Tour, die nicht auch Mitglied der PGA Tour sind, schlagen in Schottland ab. Die bekanntesten Namen sind Paul Lawrie, Francesco Molinari und Thomas Björn. Fehlen werden unter anderem Marcel Siem und Matteo Manassero. Die deutschen Farben werden von Max Kieffer und Moritz Lampert vertreten.

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